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Wenn HAL nach seinen Ahnen fragt. . .
Vom Abakus zum Super-Elektronengehirn: Serie über Computerpioniere und ihre Erfindungen (Teil 1)

Ob HAL, das allwissende Super-Computerhirn aus Stanley Kubricks Kultfilm „2001 – Odyssee im Weltraum“, auch eine Ahnung von seinen Vorfahren hatte?

Wenn die dreijährige Marie heute Murmeln zählen will, tut sie es mit ihren kleinen Fingern – und auf diese Weise mit der wohl ursprünglichsten aller Rechenmaschinen, der Hand. Lange vor Multimedia und Megabit-Chips zählten auch die Ägypter, Babylonier oder Mayas eins und eins mit den Fingern und sogar den Zehen zusammen. Das war bildhaft und jeder konnte sich so die Anzahl etwa von gekauften Getreidesäcken vorstellen.

Bei größeren Mengen reichten aber Finger und Zehen nicht mehr aus, man mußte sich deshalb beim Addieren und Subtrahieren etwas einfallen lassen. Die Lösung lag in der Abstrahierung des Zahlenbegriffs, einer Meisterleistung der frühen „Mathematiker“: Die Zahl und die zu zählende Sache wur den sprachlich und begrifflich getrennt. Unterschiedliche Zahlzeichen und Zahlensystem entwickelten sich, bis sich schließlich das aus Indien stammende Dezimalsystem durchsetzte, das wir bis heute benutzen.

Der erste "Laptop"

Als das erste Recheninstrument mit einem festen Dezimalstellensystem galt der Abakus, quasi der erste „Laptop“, der das mühselige Zählen mit Steinchen, Knoten oder Perlen ablöste und seit etwa 1100 v. Chr. in Ostasien und Rußland bekannt ist.

Von diesem einfachen aber effektvollen Rechenhilfsmittel bis zur ersten Rechenmaschine dauerte es aber noch eine ganze Weile. Den Durchbruch schaffte schließlich der schottische Lord John Napier im 17. Jahrhundert. 1614 veröffentlichte er seine Entdeckung der Logarithmen und entwickelte Rechenstäbe („Napier's Bones“), mit denen man nun auch mehrstellige Zahlen multiplizieren konnte. Doch damit nicht genug: John Napier verwendete erstmals auch Komma und Dezimalpunkt.

Die Erfindung des Rechenschiebers im Jahr 1621 war ein weiterer Schritt in Richtung mechanisches Rechnen. Nur zwei Jahre später präsentierte der Tübinger Universalgelehrte und Experte für orientalische Sprachen, Wilhelm Schickard, die erste zahnradgetriebene Rechenmaschine der Welt – erdacht und konstruiert, um Keplers aufwendige astronomische Berechnungen zu erleichtern.

Die „Rechenuhr“ des Tübinger Professors, wie er sie selbst nannte, beherrschte alle vier Grundrechenarten. Während des Dreißigjährigen Krieges ging die Maschine verloren, doch fand sich glücklicherweise in Keplers Nachlaß eine kleine Zeichnung, die die Rekonstruktion dieser epochalen Erfindung erlaubte. Denn ohne sie hätte auch HAL niemals das Sprechen gelernt.

ILONA HÖRATH

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