Schneller
rechnen mit Brunsviga
Dritter Teil unserer Serie
über Computerpioniere: Sprossenrad-Prinzip und
Lochkarten-TechnikVon seinem
Arithmomètre soll er mehr als 30 000 Stück
gebaut und auch verkauft haben: 1820 ließ sich der
Elsässer Charles Xavier Thomas seine Rechenmaschine
patentieren. Der Apparat, der nach dem
Staffelwalzen-Prinzip arbeitete, war eine Meisterleistung
in jeder Hinsicht: Diese rechteckige Holzschatulle mit
einem Innenleben aus Messing konnte Ergebnisse bis zu 16
Stellen schnell und vor allem fehlerfrei anzeigen
eine Labsal für alle rechengestreßten Büroarbeiter,
Ingenieure und Astronomen. Kein Wunder also, daß dieser
mechanische Rechenknecht der erste war, der in Serie
gefertigt wurde.
In Deutschland entschied man sich für
die Weiterentwicklung des Sprossenrad-Prinzips. Die
Braunschweiger Nähmaschinenfabrik Grimme, Natalis &
Co. erwarb 1892 die Lizenz des Schweden Odhner und
brachte ihre Brunsviga auf den Markt. Eine
kleine und handliche Rechenmaschine, preisgünstig und
trotz kleiner technischer Mängel effizient.
Jahrzehnte zuvor war allerdings noch
ein weiteres Rechenverfahren entwickelt worden, das die
damalige französische Textilindustrie revolutionieren
sollte: die Lochkartentechnik, eine andere Wurzel der
elektronischen Datenverarbeitung. 1805 brach te
Joseph-Marie Jacquard den ersten automatischen Webstuhl
auf den Markt, dessen lochkartenähnliche Pappkarten das
Weben von Mustern steuerten. Allerdings mit einem
gravierenden Nchteil: viele Weber verloren dadurch ihren
Arbeitsplatz.
Holleriths Geistesblitz
Die Erfindung der Lochkarte als erstem
Informationsspeicher und Datenträger blieb aber dem
Amerikaner Hermann Hollerith vorbehalten. Der Sohn
deutscher Auswanderer und Bergwerksingenieur hatte ein
Problem: Als Mitarbeiter der zehnten amerikanischen
Volkszählung 1880 wollte er der mühseligen und
zeitraubenden Auszählerei und Sortiererei den Garaus
machen.
So konstruierte er seine
Lochkarten-Zähl-Maschine, für die er
allerdings erst 1880 das Patent erhielt. 62 Millionen
Fragebögen konnten nun, 1890, schneller und
zuverlässiger ausgewertet werden. Sieben Jahre später
gründete er eine eigene Firma, die später nach
verschiedenen Fusionen International
Business Machines Corporation getauft wurde, besser
bekannt als IBM.
Beinahe zeitgleich mit Jacquards
Lochkarten-Webstuhl fieberte ein junger englischer
Mathematiker der Realisation seiner Idee entgegen:
Charles Babbage. Er wußte um das dekadische Zählrad und
kannte auch die Lochkarte. Und so führte ihn sein Weg
nach verschiedenen fehlgeschlagenen Versuchen wie
seiner Differenzmaschine (18201822)
geradewegs zum ersten digitalen programmierbaren
Rechner unserer Zeit. Im Jahr 1833 konzipierte er seine
Analytical Engine doch leider 100
Jahre zu früh, um trotz enormen finanziellen Einsatzes
technisch umgesetzt und in ihrer Bedeutung erkannt zu
werden.
Babbage hatte eine ungeheuerlich kühne
und mutige Vision: Sein Rechenautomat sollte schneller
sein als die menschliche Rechenleistung und verschiedene
mathematische Abläufe steuern können; geplant waren ein
Zahlenspeicher und eine Steuereinheit für Lochkarten;
zusätzlich sollte das Gerät Daten-Eingabe- und
-Ausgabekomponenten haben kurz: alle
Funktionsgruppen heutiger moderner Computer.
Obwohl Babbage seinen
Computer nie vollendet und komplett gebaut
hat, lieferte seine Konzeption die Basis der
Überlegungen eines gewissen Herrn Konrad Zuse dem
Erfinder des ersten wirklichen Computers.
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