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Staubtrocken bis
phantasievoll: Sprachkurse auf CD-ROM Test zeigt: Nicht überall, wo Sprachen lernen draufsteht, ist auch Sprachen lernen mit Sinn, Verstand und Spaß drin Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben insbesondere, wenn er der Sprache des Gastlandes nicht mächtig ist. Auf der anderen Seite ist ständig die Rede vom globalen Dorf Erde, in dem Entfernungen immer kürzer werden. Und in der Tat: Tourismus, internationale Kommunikation und nicht zuletzt Internet mit seinem World Wide Web (WWW) haben die Menschen aus aller Welt einander näher kommen lassen. Was bleibt, sind die Sprachbarrieren. Selbstredend bieten die Heerscharen der
Programmanbieter Unterstützung für all diejenigen,
denen Bücher zu trocken sind: Sprachlernprogramme für
den PC heißt das Zauberwort. Wer den Computer zum
heimischen Klassenzimmer umfunktioniert, kann auch was
erleben so oder so: Lust und Frust stehen im Regal
nämlich dicht nebeneinander, will heißen: nicht
überall, wo Sprachen lernen draufsteht, ist auch
Sprachen lernen mit Sinn, Verstand und vor allem Spaß
drin. Die Bandbreite der angebotenen CD-ROMs reicht von 20 DM bis in die 200-DM-Klasse, von der trockenen Adaption langweiliger Lehrbücher bis zur aufwendigen Multimedia-Umsetzung mit Filmen, Interaktivität auf hohem Niveau und in einem Fall sogar integrierter Spracherkennung. Dabei gibt es vom Abc-Schützen bis zum Manager keine Zielgruppe, die nicht bedient wird. Besonders bunt kommen
Kinder-Lernprogramme daher, die allesamt versuchen, die
Kleinen über altersgerechte Identifikationsfiguren zu
motivieren: Tiere, animierte Altersgenossen oder
Außerirdische. Auf die Allerkleinsten zielen Hexaglott
(Glotto, 19,90 DM) und Langenscheidt
(Unterwegs mit den Schlümpfen, 49,90 DM).
Der Affe Glotto findet im Urwald einen
Computer, der mehrere Sprachen beherrscht, in
Schlumpfhausen erscheint der Reiseschlumpf, der anhand
von zehn Themenbildern per Mausklick Vokabeln vermittelt.
Die anfangs gestellte Frage Wie schlumpft man auf
Französisch? wird so nicht beantwortet, immerhin
aber werden ganz junge Computerkids behutsam und
spielerisch an Fremdsprachen herangeführt (auch in
Englisch erhältlich). Gleiches für Grundschüler bietet die tewi kids-Reihe Wir lernen Englisch (auch Französisch und Spanisch, je 39 DM). Der Titel übertreibt freilich maßlos: Zwar werden Vokabeln unterhaltsam angebracht, doch auf diese Weise lernt man noch keine Sprache. Hier ist es der gezeichnete und mit schrecklicher Quäkstimme erzählende Peter, der nebenbei auch ein wenig Landeskunde vermittelt. Mithin für Spannung sorgt jedoch die geschickte Verwendung von Diashow und Animationen. In dieser Disziplin herausragend ist Die geheimnisvolle Suche nach den verlorenen Wörtern (Hexaglott, 49 DM), eine überaus gelungene Kombination aus Märchen, Abenteuer und Sprachübung, die den Benutzer gleichsam an den Monitor fesselt: Ein blaues Wesen, schlicht the creature genannt, soll die Welt vor dem bösen König Pondos retten. Der Spieler bewegt sich dazu per Maus durch phantastische Welten voller versteckter Animationen und Rätsel, um Wörter zu sammeln, die in Teile der Gesamtgeschichte einzupassen sind, die als Pergamente im Spiel versteckt sind. Aller Qualitäten zum Trotz sorgt das Programm bei Teilen der vom Hersteller anvisierten Zielgruppe der Zehn- bis Vierzehnjährigen jedoch automatisch für Frust: Mindestens zwei Jahre Schulenglisch setzt das Spiel stillschweigend voraus. Mit entsprechendem Basissprachschatz aber findet man hier stundenlangen Spielspaß mit positivem Lerneffekt. Die Krone der Sprachlernprogramme für Kinder gebührt der Adi-Reihe aus dem Haus Sierra Coktel (je 99 DM). Diese umfangreiche Englisch-Software begleitet in verschiedenen Ausbaustufen (je drei CD-ROMs!) Schüler von der ersten bis zur achten Schulklasse. Multimedia wird hier wörtlich genommen: Bild, Ton, Videos mit Schauspielern, Animationen und Text greifen vorbildlich ineinander, die optische und akustische Gestaltung ist humorvoll, ohne lächerlich oder anbiedernd zu wirken. Adi, ein sympathischer Außerirdischer, wird zum steten Begleiter, erklärt, lobt und motiviert, ohne sich zu wiederholen. Er ist der Pädagoge par excellence, intelligent und ohne erhobenen Zeigefinger. Nach jeder bewältigten Aufgabe vergibt Adi Punkte wie ein Quizmaster im Prä-Prozessor-Zeitalter hieß das noch Fleißbildchen. Außerdem sind in dieser Software diverse Tools und einige Spiele enthalten. Dahin gelangt aber nur, wer genügend Lernpunkte auf dem Konto hat. Kaum dem jugendlichen Leichtsinn
entwachsen, wird nicht nur die Auswahl an Programmen
größer, sondern auch die Materie deutlich trockener.
Auch sind einige der billigeren CDs kaum ihr Geld wert,
Produkte von Ingenio etwa, deren Programme ebenso Auf 30tägige Lernphasen ausgelegt lehrt Humboldt Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch (je 98 DM). Neben einer angenehmen Oberfläche überzeugt hier der klare Aufbau: zu jeder Tageslektion gibt es Übungen zu Wortschatz und Grammatik. Völlig frei von festen Abfolgen in Lektionen sind die Language Trainer English von Bertelsmann aufgebaut. Gelernt wird vom Einstieg bis zum speziellen Businesskurs auf insgesamt zwölf Stufen (98 DM, Business-Trainer 198 DM) und das durchaus unterhaltsam, weil nichts mehr an Bücher, Klassenraum und Kreidestaub in der Luft erinnert. Allerdings wurde bei den (Vor-)Leseübungen auf zwei Testrechnern der rechte Rand der dargestellten Seite abgeschnitten. Trotz dieses Mankos markiert die Bertelsmann-Reihe den Einstieg in die Königsklasse der kompletten und multimedial aufwendig konzipierten Lernprogramme, läßt sich doch bei all diesen die eigene Stimme aufnehmen und zur Ausspracheverbesserung mit einem Muttersprachler vergleichen. Durchgängig Minuspunkte verdienten sich jedoch alle Testkandidaten, weil keiner ein Mikrofonset zum Programm mitliefert. Im Stil einer Reise sind die Programme von Digital Publishing konzipiert. In jeder der vier angebotenen Sprachen (American English, Französisch, Spanisch, Italienisch) begleitet ein Muttersprachler den Benutzer auf seinem Weg durch das jeweils gewählte Land, einzelne Wegstationen markieren die Lektionen. Für jede Sprache gibt es Kurse in zwei Ausbaustufen (je 98 DM), dazu Kommunikations-, Grammatik- und Vokabeltrainer (je 29,80 DM). Die hochgelobte Reihe gewinnt sicher nicht den Preis für höchste Attraktivität (die Dia-Ton-Shows muten beinahe anachronistisch an), doch sind die Programme pädagogisch sinnvoll aufgebaut. Die Fehlerkorrektur arbeitet zuverlässig, was keineswegs selbstverständlich ist eine solide Sache ohne vordergründige Spielereien. The Learning Company (Vertrieb: tewi) gestaltet ihren Englisch- und Französischkurs deutlich aufwendiger: Das schwere Päckchen für 198 DM enthält zwei CD-ROMs und ein dickes Arbeitsbuch. Das Programm selbst wartet nach einer sauberen Installationsroutine, bei der sich die 30 Kapitel einzeln aufspielen und wieder entfernen lassen, mit über einer Stunde Kulturvideo vom Feinsten auf. Dazu begegnen einem je 20 Muttersprachler in Audio- und Videoaufnahmen. Eine ausgezeichnete Hilfefunktion erleichtert zudem die Orientierung. Die umfangreichen Übungen, eingebettet in eine ansprechende Gesamtgestaltung, werden per Tastatur, Maus oder Mikrofon absolviert. Im sogenannten Aussprachetutor wird Phonetik in höchster Genauigkeit vermittelt. Zu den einzelnen Lauten etwa gibt es nicht nur Ton-, sondern auch Lippengroßaufnahmen und Schnittzeichnungen der Rachen- und Zungenstellung. Doch der Clou ist die Spracherkennung:
Denn hier wird nicht nur die eigene Stimme aufgezeichnet
und abgespielt, sondern das Programm überprüft die
Aussprache selbständig. Dabei kann der Qualitätsgrad
der Kontrolle eigens festgelegt werden: Die Skala reicht
vom Touristen bis hin zum native speaker.
Allerdings hat diese Fülle an Funktionen ihren Preis:
Die Software läuft nicht immer stabil, der benötigte
leistungsstarke Rechner (mindestens 486, 16 MB) muß
optimal konfiguriert sein. Ansonsten trüben
regelmäßige Fehlermeldungen den Spiel- und Lernspaß
erheblich. Gar nichts geht mit CD-ROM-Laufwerken der
Marke Mitsumi mit achtfacher oder noch höherer
Geschwindigkeit aufgrund deren ungenügender
Fehlerkorrektur. GUIDO Gold für Adi Die Auswahl an Sprachkursen auf CD-ROM ist riesig. Bei unserem Test überzeugten vor allem die folgenden Programme. Erste Begegnung mit einer fremden Sprache: Langenscheidts Schlumpf-Reihe (49,90 DM) vermittelt spielerisch ein kleines Vokabular. Englisch für Kinder: Adi von Sierra Coktel (99 DM), das den mit Abstand besten Gesamteindruck aller getesteten Programme gab, ist sicher nicht nur für Kinder geeignet die vielleicht komfortabelste und unterhaltsamste Art, Englisch am PC zu lernen. Schnelles Lernen für den Urlaub: Humboldts Englisch/Französisch/Italienisch/Spanisch in 30-Tages-Programmen (je 98 DM) vermittelt rasch solide Grundlagen in Wortschatz, Grammatik und Konversation. Große Sprachkurse: Auf der
sicheren Seite steht man mit der Digital
Publishing-Software (Sprachkurs 98 DM, diverse Trainer je
29,80 DM), aufwendiger und spannender sind Wir
Lernen Französisch/Englisch von The Learning
Company (je 198 DM). Hier sollte man allerdings kein
Mitsumi-CD-ROM-Laufwerk besitzen und muß sich in seinem
Rechner gut auskennen, um die optimale Konfiguration zu
finden. GUIDO |
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