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© Nürnberger Nachrichten 1997

Das Fax kommt aus dem Paddelboot
Die kaum bekannten Palmtops sind eine handliche, überall einsetzbare Alternative zu den Laptops

Der Nachmittag am Badesee ist fest eingeplant. Dann kommt dieser blöde Anruf. Bis 15 Uhr muß ein Vertragstext überarbeitet, eine Kalkulation erstellt oder ein Werbekonzept geschrieben sein. Der Geschäftspartner wartet dringend auf eine Nachricht und darf nicht verprellt werden. Also doch wieder Büro statt Badesee?

Die moderne Kommunikationstechnik macht es inzwischen problemlos möglich, alles am selben Ort zu tun: schreiben, faxen und eine E-Mail versenden – wenn nötig, funktioniert das auch vom Paddelboot aus.

Die herkömmlichen Laptops sind vielen Computerbenutzern immer noch zu groß und zu umständlich zu transportieren. Nicht jeder nimmt gern einen solchen Mehrpfünder mit ins Straßencafé oder an den Strand. Vor allem dann, wenn er vorher nicht sicher weiß, ob er ihn tatsächlich benötigen wird. Außerdem kann man den Laptop meistens nicht in der Aktenmappe oder in der Handtasche verstauen.

Kompakter Alleskönner

Die kleineren, kaum beachteten Brüder der Laptops heißen Palmtops. Das Wort stammt von dem englischen „palm“ („Handfläche“). Und recht viel größer als die Hand eines Erwachsenen sind diese Geräte auch nicht. Zum Beispiel das Modell Zaurus der Firma Sharp. Zusammengeklappt mißt es 10 mal 17 Zentimeter, das Gewicht beträgt nur 400 Gramm.

Der Zaurus ist ein Alleskönner. Er führt einen Terminkalender bis zum Jahr 2099, verwaltet eine Aufgabenliste, nimmt Hunderte von Adressen und Telefonnummern auf, weckt seinen Besitzer morgens mit Piepston oder erinnert ihn tagsüber an Termine, kann Tabellen erstellen, Texte speichern und Briefe formatieren. Sogar Spiele sind bei Bedarf auf den Zaurus zu laden.

Der Clou: Sein Bildschirm hat eine sensible Oberfläche (Touchscreen). Man kann also nicht nur mit Hilfe der Tastatur auf ihm schreiben, sondern auch mit einem Stift handschriftliche Notizen anfertigen oder Skizzen zeichnen.

Die Energiezufuhr funktioniert entweder über ein Netzteil oder über zwei handelsübliche Mignon-Batterien. Niemand muß um seine gespeicherten Daten fürchten. Bricht das Hauptsystem zusammen, kann eine zusätzlich eingebaute Knopfbatterie den Inhalt notfalls monatelang bewahren.

Richtig wertvoll wird der Zaurus allerdings erst mit einigem Zubehör. Ein Verbindungskabel ermöglicht den Datenaustausch mit dem PC, den man zu Hause stehen hat. Alle Termine, Texte und Zeichnungen, die man unterwegs gesammelt hat, sind in Sekundenschnelle auf den Heimcomputer zu überspielen und dort auszudrucken. Noch effektiver ist die Verbindung des Palmtop mit einem Handy. Dann nämlich wird es möglich, nahezu von jedem Ort der Welt aus zu faxen oder im Internet zu surfen. Die Kombination Zaurus/Funktelefon ermöglicht es zum Beispiel Geschäfts leuten, Vertretern, Architekten, Kundenberatern und Journalisten, selbst unter widrigsten Umständen noch den Schriftverkehr mit ihrer Zentrale aufrechtzuerhalten. Niemand muß verzweifelt nach einer Telefonzelle oder einem Faxgerät Ausschau halten.

Das Fazit des Tests: Man trägt eine komplette Büro-Ausstattung mit sich herum (das Handy in der einen Jackentasche, den Zwergcomputer Zaurus in der anderen) und keiner merkt etwas davon. Binnen kürzester Zeit sind die Geräte zusammengesteckt und aktiviert. Auf einen Schreibtisch als Unterlage kann man verzichten, das Leichtgewicht findet bequem auf dem Schoß Platz.

Der Palmtop hat aber auch deutliche Nachteile gegenüber dem Laptop. Jemand, der häufig sehr lange Texte von mehreren DIN-A4-Seiten schreiben muß, könnte an der kleinen Tastatur verzweifeln. Und auch die (mit Speicherkarten erweiterbare) Benutzerkapazität von 750 Kilobyte wird manchem Computerfreak lächerlich gering erscheinen.

Man muß sich eben genau überlegen, wozu man den Zaurus verwenden will und ob man ihn auch tatsächlich brauchen kann. Billiger als die Laptop-Lösung ist er allemal. Für einen Zaurus 5700 muß man derzeit 1000 Mark auf den Ladentisch legen, dazu kommen dann noch die Anschlüsse an den PC (etwa 200 Mark) und an das Handy (etwa 600 Mark). Dann allerdings kennt die Flexibilität kaum noch Grenzen. HARALD BAUMER

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