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Übersetzungsprogramme arbeiten selten richtig

Beim Vorgehen Wort für Wort entsteht regelmäßig nur Sprachmüll - Das Erfassen des Zusammenhangs aber ist nur begrenzt möglich

Der Witz ist nicht mehr ganz neu, aber er umschreibt das Problem sehr treffend: Da hat ein Programmierer stolz seinem Computer beigebracht, Texte vom Deutschen ins Englische zu übersetzen. Als ersten Satz gibt er ein: "Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach" und erhält als Ergebnis auf dem Bildschirm: "The whisky is good, but the steak cannot be recommanded."

Aus dem Geist wurde Whisky und das Fleisch zum nicht empfehlenswerten Steak - solche Probleme stellen sich auch heute noch, wenn eine Software zum Übersetzen gebastelt wird. Denn in der Sprache befinden sich mehr Informationen über unsere Welt, als ein Rechner, ein PC zumal, verarbeiten kann. Immer kommt es auf den Sinn, auf den Zusammenhang an. Da mag ein Programm noch so brav Wort für Wort übersetzen - am Ende steht dann bloß Unsinn da.

"Bezahlung kann sein gemacht von kontrollieren" ließ einen Kollegen ziemlich lang vor dem Bildschirm rätseln. Die Lösung brachte schließlich ein Blick in die englische Vorlage: "Payment may be made by check". Die amerikanische Variante für Scheck, der gerne zur Zahlung gesehen wird, hatte das Elektronengehirn maßlos verwirrt. Einen menschlichen Übersetzer hätte die Sache allenfalls einen Moment stutzen lassen, weil er alle sinnlosen Ergebnisse schon im Unterbewußtsein ausgeschlossen hätte.

Schon der scheinbar simple Satz "Ich brauche die richtige Mutter" läßt sich nicht mehr übertragen, wenn Zusatzinformationen fehlen. Handelt es sich um ein Elternteil oder um ein Schräubchen? Verlangt der Sprecher nach Metall, muß es "nut" heißen - aber Vorsicht, dieses Wort steht im Englischen wiederum auch für Nuß.

Oder: Da ist der simple Satz "Er führte ihn aus". Das läßt sich korrekt mit "He carried it out" übersetzen, wenn es sich nämlich um einen Soldaten handelt, der einen Befehl befolgt; wenn aber der Morgenspaziergang des Herrchens mit dem Hund beschrieben werden soll, ist das grober Unfug. Dann ist "He took it for a walk" die richtige Lösung.

Die Beispiele zeigen, daß Billigversionen von Übersetzungsprogrammen zwangsläufig nur Sprachmüll produzieren können. Sie können die eingehende Analyse der Syntax und des sprachlichen Zusammenhangs einfach nicht leisten.

Als eine der fortgeschrittensten Lösungen auf dem Markt gilt das T 1-Programm von Langenscheidt. Wie groß der Programmieraufwand war, zeigt seine Geschichte: Früher war es unter dem Namen Metal von Siemens zu kaufen, nur um 60 000 Mark zu haben, verlangte eine einmonatige Einarbeitungszeit sowie eine komplette Workstation. Das konnten sich nur große Übersetzungsbüros leisten, und deren Zahl ist begrenzt.

Deshalb verfolgt jetzt Langenscheidt das Projekt weiter und bietet die Hilfe ab 298 Mark auf CD-ROM für den PC an, wo es schon auf einer mittlerweile veralteten 486-DX-66-Maschine leidlich läuft. Auf der Festplatte freilich beansprucht es stattliche 105 Megabyte.

Nein, eine automatische Textübersetzung ist auch dieses Programm nicht, selbst wenn es ganz ordentlich übersetzt. Es eignet sich vor allem für Sachtexte, für Bedienungshandbücher und Gebrauchsanleitungen - und auch da nur als Werkzeug für den geübten Dolmetscher. Denn auch der T 1 liefert immer ein Ergebnis, das zwar richtig sein kann, aber keineswegs zwingend sein muß.

Das zeigt sich auch in seinen besten Ergebnissen: Eine "very special offer" wird zum holprigen "sehr besonderen Angebot", wo es sich doch um ein außergewöhnliches handelt. Und die Frage "What does it cost to use this service" mit "Was kostet es, diese Dienstleistung zu benutzen" wiederzugeben, läßt einen Menschen mit Sprachgefühl die Augenbrauen runzeln.

Fazit: Die Welt und die Sprache als ihr Abbild sind viel zu komplex, als daß sie eine Rechenmaschine - die ja immer in Ja-Nein-Schritten vorgeht - erschließt. Bei Nutztexten kann ein wirklich leistungsstarkes Programm eine Hilfe sein, aber es macht eine sorgfältige Überprüfung des Ergebnisses nie überflüssig. Und dem Fall, daß wirklich anspruchsvolle literarische Texte von einer Sprache in die andere übertragen werden sollen, sind wir hier lieber gar nicht nachgegangen. Denn da kommt es wirklich darauf an, den Feinheiten eines Textes mit viel Wissen und Seele nachzuspüren.

Die zu erwartenden Ergebnisse aber hätten unsere Seelenruhe ganz nachhaltig beeinträchtigt.

DIETER SCHWAB

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