Zurück zum Inhalt Für die FrauKokette Sprache ohne TonFächer waren früher mehr als nur Frischluft-Spender...Auch die Urenkelin des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., die spanische Königin Sofia, benutzt ihn gern: den Fächer, der mit elegantem Schwung die derzeitige Sommerhitze auf der Iberischen Halbinsel erträglicher macht. Im Straßencafé wie im Restaurant, im Kino wie im Konzert und beim Einkaufen wie in der Metro fächeln sich die Spanierinnen mit dem halbkreisförmigen, zusammenklappbaren "abanico" kühle Luft zu. Damit halten sie eine jahrhundertealte Tradition lebendig. Bereits im 16. Jahrhundert habe der spanische Eroberer Miguel Lopez de Legazpi als Kuriosum einen Fächer von den Philippinen in seine Heimat gebracht, erzählt Ricardo Rodriguez-Bermejo, Inhaber eines Fächergeschäfts in der Stadtmitte von Madrid. "Im 19. Jahrhundert dann verbreitete er sich an allen europäischen Höfen als ein Gegenstand der Koketterie." Das Land der Fächer Spanien ist jedoch das traditionelle Land der Fächer geblieben. Nach wie vor gibt es vornehmlich in den Dörfern nahe der Mittelmeerstadt Valencia kleine Familienbetriebe, die mit besonderer Ausbildung und besonderem Werkzeug die Frischluftspender in Handarbeit fertigen. Dabei verwenden sie für traditionelle Fächer Horn, Elfenbein oder edle Hölzer und spannen edle Spitze, feine Stoffe oder hauchdünnes Papier darüber. Während die billige Massenware aus Plastik mit Offsetdruck verziert wird, kommen bei den höherwertigen Modellen noch spezialisierte Maler an die Reihe, die beispielsweise Tänzerinnen, Stierkämpfer, Dorfmädchen oder Schauspieler auf die Fächer zaubern und sie handsignieren. Kein Wunder also, daß die Preise stark schwanken. Schon für rund 2,40 Mark (rund 200 Peseten) bieten Straßenhändler Plastikfächer feil. Miguel Angel Yustas Fonseca, der in seinem Madrider Hutladen mit Fächern ein Zusatzgeschäft macht, verlangt zwischen vier und 120 Mark (zwischen 350 und 10.000 Peseten) dafür. Rodriguez-Berejo schließlich hat sogar Kunstwerke für 10.000 Mark (850.000 Peseten) im Angebot. Diese werden ausschließlich von Sammlern und Sammlerinnen erstanden, die sich die Fächer zu Hause in Bilderrahmen an der Wand aufhängen. Frischluftspender für den Herren Weitaus weniger kosten die Modelle, die speziell für klassische Konzerte und Begräbnisse gefertigt werden: Diese Fächer sind nahezu geräuschlos, da ihre Streben aufgrund einer besonderen Technik kaum aneinander klappern. Rodriguez-Bermejo hat noch weitere Besonderheiten zu bieten: Frischluftspender für den Herren. Diese Fächer haben ein kleineres Format _ sie passen in jede Hemdentasche. Sie sind selten, doch man sieht sie hin und wieder: in Südspanien eher als im Norden des Landes und bei exzentrischen Männern eher als bei spanischen Durchschnittsbürgern. Den Frauen bleibt indes eine ganz andere Funktion der Fächer vorbehalten: die uralte Geheimsprache, die Spaniens Großmütter an ihre Enkelinnen weitergeben und die der Verständigung mit dem Liebhaber dient. So bedeutet der über die Wange gestrichene Fächer: "Ich liebe dich!" Und wenn er an den Mund gepreßt wird: "Küß mich!" Ein in der rechten Hand sich drehender Fächer hingegen signalisiert: "Ich liebe einen anderen." Sehr langsames Fächeln schließlich weist darauf hin, daß eine Spanierin verheiratet ist. |