Die Rolle der Ehefrau eines Bundestagsabgeordneten - ein Greuel?

"Ich vermisse unsere Freizeit"


Drei Wochen Urlaub in Namibia mit der Familie. "In Gedanken bin ich schon dort", sagt Gisela Friedrich. Für die Frau des Erlanger Bundestagsabgeordneten Gerhard Friedrich sind gemeinsame Tage mit ihrem Mann und den beiden Söhnen Alexander und Daniel eher die Ausnahme. Die Hälfte des Jahres ist der Politiker an den Wochentagen in Bonn und muß - seitdem er stellvertretender CDU/CSU-Vorsitzender ist - auch in der sitzungsfreien Zeit häufig dorthin. Viel Zeit für die Familie bleibt da nicht mehr.

"Am Anfang, als die Kinder noch klein waren, war das schon hart", erzählt Gisela Friedrich. Mit der Rollenverteilung habe das Ehepaar erst klarkommen müssen. "Jede halbe Stunde mußte ich da organisieren." Ein Grund zur Klage war das für sie allerdings nie. Mittlerweile erledigt sie alles, was im privaten Bereich anfällt. Selbst den Hausbau vor sieben Jahren managte sie allein. "Immerhin gibt mir das die Freiheit zu entscheiden, wie ich möchte", sagt Gisela Friedrich. Ihr Mann habe sie damals schon einmal gefragt, ob er denn gar nichts mehr zu sagen habe.

Keine Frau, die auf den Mann wartet

Die Einstellung zu den Dingen und positives Denken, das sei für sie wesentlich, meint die 43jährige: "Ich bin ein aktiver Mensch und habe ein ausgefülltes und interessantes Leben. Weshalb also sollte ich lamentieren?" Als Frau, die immer nur wartet, bis ihr Mann für sie und die Kinder Zeit hat, sieht sie sich nicht. "Ich denke, das Leben als Politikerfrau ist leichter zu ertragen, wenn man sich einen eigenen Lebensraum schafft und dazu gehört für mich auch der Beruf."

An ihrer Arbeit in einer Fürther Sozietät - "Teilzeit auf dem Papier" - hängt die selbständige Anwältin sehr. Sie hat, trotz Bedenken im Freundeskreis, nur nach der zweiten Geburt eine kurze Babypause eingelegt. Ihr Mann habe sie darin immer bestärkt: "Auch ihm war lieber, daß ich arbeite, als frustriert zu Hause zu sitzen." Nachmittags ist die Juristin zwar in aller Regel daheim bei den elf und dreizehn Jahre alten Söhnen, aber trotzdem plagt sie wegen der Kinder oft ein schlechtes Gewissen - gerade wenn es Probleme, etwa mit schlechten Schulnoten, gibt.

In der Politik engagiert

Politik und politisches Engagement hatten für Gisela Friedrich schon immer große Bedeutung. Als 16jährige trat sie in die Junge Union ein, ein Jahr später dann in die CSU. 1970 lernte die damalige Schriftführerin des Bezirksverbandes der JU ihren Mann kennen, der damals Kreisvorsitzender der Jungen Union in Erlangen war. "Politik war für uns immer begleitend", bestätigt sie. An eine eigene politische Karriere dachte die gebürtige Schwabacherin dennoch nie ernsthaft _ zu wichtig waren ihr der Beruf und die Kinder.

In ihrem Elternhaus ist ein weiterer Grund für das Verständnis zu finden, das sie dem Engagement ihres Mannes "über den Beruf hinaus" entgegenbringt. Denn ihr Vater wurde Mitte der 60er Jahre als berufsmäßiger Stadtrat in Schwabach gewählt, war 1969 Oberbürgermeister-Kandidat der Schwabacher CSU und lange Jahre CSU-Kreisvorsitzender: Von klein auf sei sie daher an eine ähnliche Situation gewöhnt gewesen.

Kein Acht-Stunden-Tag

"Die räumliche Trennung ist in unserer Beziehung der einzige Unterschied zu den Beziehungen meiner Berufskollegen", resümiert die Juristin. Auch diese hätten keinen geregelten Acht-Stunden-Tag - oft müßten auch da Verabredungen mit dem Partner abgesagt werden. Die Distanz überbrückt das Ehepaar Friedrich durch tägliche Telefonate. Jeder der beiden versucht, so weit als möglich am Leben des anderen teilzunehmen - Gespräche sind da sehr wichtig. Und zwei- bis dreimal im Jahr fährt Gisela Friedrich auch mit den beiden Söhnen zu ihrem Mann nach Bonn.

Dennoch ist die Trennung für sie und die Kinder schmerzhaft: "Man arrangiert sich natürlich, aber was ich wirklich vermisse sind gemeinsame Freizeitaktivitäten." Und sei es nur, an einem schönen Sommerabend miteinander zu radeln, in den Biergarten zu gehen, oder nach Nürnberg auf die Burg zu fahren. Häufig trifft sie sich allein mit den gemeinsamen Freunden, und häufig geht die Kulturinteressierte alleine oder mit einer Freundin ins Theater oder Kino.Und die Zukunft? "Mein Mann ist mit Leib und Seele Abgeordneter und liebt seinen Beruf", sagt Gisela Friedrich. Und sie selbst findet ihr Dasein nicht so unerträglich, daß sie ihn bitten würde, sein Mandat aufzugeben. Selbst wenn dieses Leben auf Distanz noch 15 Jahre dauern würde.

Gudrun Regelein

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