Zurück zum Inhalt Für die FrauDie Männer-Präsenz in der Sprache ist rückläufigEine Frauschaft HeulsusenDeutsch ist eine Sprache der "Manns-Bilder". Da sind der Landsmann und der Fachmann, der Gewährsmann und der Strohmann. Der Mann ist der Normalfall, die Frau die Ausnahme. Ratgeber liefern Tips für "jedermann". Nach Atlanta fuhr eine deutsche "Mannschaft", obwohl sie zu einem großen Teil aus Frauen bestand. Selbst geschlechtslose Objekte können Männer sein, wie der Flachmann und der Ballermann zeigen. Mannomann! Radikale feministische Sprachwissenschaftlerinnen streben eine Entmannung der Sprache an, andere zumindest eine Gleichstellung von Mann und Frau in ihr. Tatsächlich hat sich in diesem Sinne in den beiden vergangenen Jahrzehnten einiges geändert _ auch wenn sich das Pendant "frau" zu "man" auch im weiblichen Sprachgebrauch nicht durchgesetzt hat und die Binnen-I-Frauen (BürgerInnen, LeserInnen) weiterhin den Charakter einer exotischen Marotte haben. Gegen "Rigorismus" und "starre Eindeutigkeit" spricht sich ein Beitrag der von der Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden) herausgegebenen Vierteljahrsschrift "Muttersprache" aus. Wo bleibt die Lebefrau? Neben dem Mann von Welt spricht man heute jedenfalls auch von der Frau von Welt. Neben dem Amtmann gibt es die Amtfrau, neben dem Geschäftsmann die Geschäftsfrau, neben dem Fachmann die Fachfrau. Wie weit sich der Kreis solcher Bildungen erweitert, dürfte vom Ausmaß des sich weiter wandelnden Sprachgefühls abhängen. Vorerst gibt es nur den Lebemann, nicht aber die Lebefrau, und dem Ehrenmann ist noch keine Ehrenfrau zur Seite getreten, dem Weltmann noch keine Weltfrau, dem Biedermann noch keine Biederfrau, dem Buhmann noch keine Buhfrau und dem Strahlemann noch keine Strahlefrau. Zum Hauptmann wird sich wahrscheinlich nie eine Hauptfrau gesellen, weil die schon anderweitig besetzt ist. Bei Spielmann/Spielfrau dürfte es ähnlich sein. Es erscheint auch unwahrscheinlich, daß Schiffe demnächst statt mit "Mann und Maus" mit "Mann, Frau und Maus" untergehen. Professor Dieter Cherubim (Universität Göttingen) macht in seinem "Muttersprache"-Beitrag über die Präsenz der Männer in der Sprache darauf aufmerksam, daß nach gegenwärtigem Sprachgefühl der "dritte Mann" beim Skat auch eine Frau sein kann, daß auch eine Frau ihren "Mann stehen" oder "Manns genug sein" kann. Wenn eine Frau sich flach aufs Wasser legt, kann sie auch "einen toten Mann markieren". Rabenmutter, Rabenvater Er nennt eine lange Reihe von Wörtern, die zeigt, daß beide Geschlechter in der deutschen Sprache höchst lebendig sind. Man kann jemanden "zur Minna" und auch "zum Otto machen". Neben dem "dummen Huhn" und der "blöden Kuh" stehen der "Blödmann" und der "Doofmann". Und neben der "Schnattergans", der "Naschkatze", der "Meckerziege" machen sich der "Lackaffe", der "Lustmolch", der "Brummbär", der "Streit-" oder "Neidhammel" nicht besser aus. Vielen ist nicht bewußt, wie reich hier die deutsche Sprache ist. Das gilt auch für die prototypischen Negativkennzeichnungen beider Geschlechter: Da sind nicht nur die "Heulsuse", die "Klatschtrine", die "Trampelliese" und die "Saufjule", sondern auch der "dumme August", der "Wald-" und der "Pfeifenheini", der "Miesepeter" und der "Dummerjan". Und es gibt sowohl den "Rabenvater" als auch die "Rabenmutter". "Der "Pennbruder" und der "Radaubruder" haben indessen in der Sprache kein weibliches Pendant, ebensowenig wie die "Klatschbase" und die "Kaffeetante" ein männliches haben. Aufmerksamkeit erregte vor einiger Zeit eine juristische Auseinandersetzung, die von Frau Rechenberg geführt wurde, die partout als Dame Rechenberg (Pendant zu Herr Rechenberg) angeschrieben werden wollte. Offenbar hatte sie nicht bemerkt, daß die von ihr gewünschte Version nach dem herrschenden Sprachgefühl eher einen ironisch-negativen Klang hat. |