"Breathe", die neue Solo-CD des Ultravox-Gründers

Ach Midge!

Mit seiner ehemaligen Band Ultravox avancierte Midge Ure zu einem der führenden Ideengeber für avantgardistisch angehauchte, melancholische Computersounds. Ihre Maschinenmusik auf höchstem technischen Niveau gipfelte in dem Klassiker "Vienna", der von Paul McCartney als einer der zehn besten Songs der 80er Jahre bewertet wurde. Doch zum Ende der zweiten Ultravox-Generation experimentierte die Band auch mit keltischen Anleihen. Für den Song "All Fall Down" engagierte Ure die irische Folk-Legende The Chieftains. "Ultravox klangen eigentlich sehr europäisch", erinnert sich der schottische Musiker, "mit den Chieftains entwickelte sich jedoch dieser keltische Sound in unserer Musik."

Dies scheint ihn nachhaltig beeinflußt zu haben. Auf seiner inzwischen vierten Solo-CD "Breathe" läßt Midge Ure vorwiegend schottische und irische Folkklänge einfließen. "Ich denke, meine grundlegende Vorstellung von Melodien kommt aus der traditionellen Musik. Und so ist es auch auf meiner neuen CD. Hätte ich alle Lieder mit der elektrischen Gitarre eingespielt, würde niemand von einem keltischen Album reden."

Die Inspiration zu dieser CD kam durch eine Songwritertournee, die der ehemalige Live-Aid-Mitinitiator ursprünglich gar nicht antreten wollte. Seine Plattenfirma drängte ihn jedoch zu dem Konzertmarathon quer durch Amerika, gemeinsam mit vier weiteren Künstlern. Anfangs empfand Ure diese Solo-Performance noch befremdlich. "Meine Kollegen machten mir jedoch Mut, regten mich an, Songs wie ,Vienna` nur auf der akustischen Gitarre zu spielen."

"Breathe" ist aber nicht einfach nur eine Folk-CD, Ure überschreitet oftmals Grenzen, kombiniert unterschiedliche musikalische Stile. Dafür hat er Musiker zusammengeführt, die sonst nur die Gemeinsamkeit des gleichen Berufes verbindet. Da trifft Paddy Maloney von den Chieftains auf den Gitarrentüftler Robert Fripp, folgt dem gälischen Gesang von Liam O'Maonlai das Spiel des indischen Violinisten Shankar. Im Vergleich zu früheren Alben konzentrierte sich der Grammy-Preisträger einzig auf das Songwriting, das Produzieren überließ er dem amerikanischen Bluesgitarristen Richard Feldman. Rückblickend bewertet Midge Ure die Zusammenarbeit als eine Herausforderung. "Richard provozierte mich, kritisierte meine letzten Alben. Anfangs war es schon hart für mich, dann bemerkte ich jedoch, daß er mich durch seine Äußerungen nur anspornen wollte." Die kreativen Auseinandersetzungen und die Kontakte zu den Musikern führten schließlich zu den neuen musikalischen, aber auch lyrischen Ideen.

"Ich denke, das Album ist ein lyrisches Tagebuch. Wenn ich mir ,Breathe` anhöre, weiß ich bei jedem Lied ganz genau, was sich gerade in meinem Leben getan hatte, oder womit ich mich beschäftigt habe", reflektiert der nachdenkliche Künstler. "Wie viele andere schreibe auch ich Liebeslieder. Die Art und Weise, wie ich mich mit der Kernaussage eines Liedes auseinandersetze, unterscheidet sich aber von anderen Künstlern. Bei dem romantischen Lied ,Guns & Arrows` benutze ich zum Beispiel im Titel zwei Waffen, das heißt, ich suche nach ganz speziellen Wörtern, um mich einem Thema zu nähern."

Eric Rauch

Die offizielle Midge-Ure-Homepage
(Mit Videos und Sounclips von "Breathe"

an die Redaktion

zurück zum Inhalt

© Nürnberger Zeitung