Schwammriffe des Jurameers
Die Felstürme „Zwölf Apostel“ in der Nähe von Solnhofen sind ein Wahrzeichen des Altmühltals

SOLNHOFEN (hma) – Schon die Römer wußten das Baumaterial zu schätzen: In den Thermen von Weißenburg wurden einst Stufen und Badebecken mit Platten aus der Gegend von Solnhofen verkleidet. Spätestens als Wiege der Lithographie und als Fundort des Urvogels Archaeopteryx haben die Steinbrüche der Altmühlgemeinde im südlichsten Zipfel Mittelfrankens zu Weltruf verholfen.

Der erhärtete Kalkschlick hat es buchstäblich in sich. Konserviert er doch eine Vielzahl von Lebensspuren mit einem Alter von 135 bis 150 Millionen Jahren. Es sind die Urahnen der Tier- und Pflanzenwelt, die sich aus der Jurazeit fossil erhalten haben: Seeigel und Meerestang, Flugsaurier und Kugelzahnfische.

Ozeanische Einbrüche kennzeichnen diesen Abschnitt des Erdmittelalters. In der Zeit des Weißen Jura (Malm) hatten sich in der jetzigen Altmühlalb Verhältnisse eingestellt, wie man sie von den Bahamas oder der Südsee kennt. Bei tropischem Klima breitete sich ein warmes Flachmeer mit Atollen und Inseln aller Größen aus. Zum kalkreichen Tiefenwasser des großen Tethys-Urmittelmeers im Süden bestand eine direkte Verbindung; im Norden war Festland.

Durch Riffzüge als natürliche Barrieren konnten sich Lagunen und andere geschützte Becken bilden. Darin lagerte sich schichtweise über Jahrmillionen Schlamm ab. Das Stillwasser einer dieser gelegentlich von neuen Trübmassen überspülten Wannen war der Geburtsort für die Welt aus Stein der Solnhofener Plattenkalke.

Am Grunde des Jurameeres hatten sich neben anderen Meerestieren auch tellerförmige Kieselschwämme angesiedelt, die zu mächtigen Stöcken und Riffkomplexen heranwuchsen. Nach ihrer Verfestigung und dem Rückzug des Wassers begann die lange Zeit, in der die Verwitterungskräfte die Landschaft modellierten. Aus den Riffkalken der Zeit Malm Delta wurden auf diese Weise auch die Felstürme „Zwölf Apostel“ herauspräpariert. Die Felsen am Talhang zwischen Solnhofen und Eßlingen sind also ehemalige Meeresriffe. An einer welligen, rinnenartigen Aushöhlung ist das frühere Relief des Meeresbodens noch zu erkennen.

Lebensraum für Frauenschuh und Apollofalter: Die „Zwölf Apostel“ sind nicht nur eines der Wahrzeichen des Altmühltals, sondern auch ein wertvolles Felsenheidebiotop mit Trockenrasen, Wacholderbeständen und einer bemerkenswerten Schutthalden-Flora am unteren Hang. Die herausragende Bedeutung des 15 Hektar großen Naturschutzgebiets liegt wohl in seiner artenreichen Fauna. Mehr als 60 Rote-Liste-Arten, knapp ein Drittel „stark gefährdet“, hat man registriert.

Keine hinreichende Erklärung gibt es für die Herkunft des Namens „Zwölf Apostel“. Dafür ist die Widerstandsfähigkeit des Gesteins bekannt: Als man um das Jahr 1960 zum Schutz des vorbeiführenden Straßenverkehrs einige instabile Teile sprengen wollt, reichte die Dynamitladung nicht aus.

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