Dünen im Reichswald
Karger Lebensraum auf uralten Sandbuckeln südlich Leinburg

LEINBURG (hma) – „Streusandbüchse“ und „Steckerlaswald“ nennen die Menschen in der Noris etwas abschätzig und doch wieder liebevoll die ausgedehnten Forstgebiete direkt vor ihrer Haustür. Der Reichswald – Kiefer neben Kiefer auf dürrem Sandboden so weit das Auge reicht. So gesehen stimmt das Klischee tatsächlich.

Doch der erste Eindruck des monotonen Waldkleids trügt. Schon vor vielen Jahren ist damit begonnen worden, naturgemäßere, laubbaumdurchsetzte Mischwälder nachzuziehen. Längst hat man erkannt, wie wichtig der grüne Großstadtgürtel als Naherholungsraum, Klimaanlage und Trinkwasserreservoir ist.

Zugegeben: Wenig attraktiv erscheint der Wald dort, wo er auf den Terrassen- und Schwemmsanden von Rezat oder Pegnitz mit dürftigen Lebensbedingungen zurechtkommen muß. An einigen Stellen reihen sich auffällige Bodenwellen zu ganzen Wellenzügen aneinander, die an Wüstendünen erinnern. Was kaum jemand weiß: Es handelt es sich um sehr rare Gebilde aus Flugsand, der in der späten Eiszeit und der frühen Nacheiszeit vor vielen tausend Jahren herangeweht worden ist.

Damals herrschte ein ständig wehender, kräftiger Wind. Er führte aus westlicher Richtung feinen Quarzsand heran, der sich Laufe der Zeit vor dem Albrand anhäufte. So entstanden teils bogenartige Sandbuckel, die quer oder auch längs zur vorherrschenden Windrichtung angeordnet sind. Eine überaus eindrucksvolles Beispiel für eine dieser vom Wind geformten Landschaften sind die Dünenzüge im Reichswald südlich von Leinburg.

Dort hat man nicht weniger als 85 dieser bis zu fünf Meter hohen Sanddünen gezählt. Einige sind um die hundert Meter lang, andere eineinhalb Kilometer. Gemeinsam ist ihnen ein mediterran anmutender, faszinierender Lebensraum, der sich freilich erst auf den zweiten Blick erschließt.

Nährstoffarmut und Trockenheit kennzeichnen die Verhältnisse, denen sich sehr wenige Tiere und Pflanzen angepaßt haben. Ameisenjungfer und Blauflügelige Ödlandschrecke gehören dazu. Typisch ist der Ziegenmelker, eine Vogelart, die auch unter dem Namen Nachtschwalbe bekannt ist. Nur auf diesem kargen Untergrund findet man den anspruchslosen Kiefer-Krüppelwald mit magerem Bodenbewuchs aus Moosen, Preiselbeere und Heidekraut – und Flechten. Auf den Sanddünen gedeihen mehrere Dutzend Flechtenarten, unter denen die Rentierflechte vorherrscht.

Flechten-Kiefernwälder sind eine ausgesprochene Rarität. Vor allem durch Pläne zum Sandabbau ist die seltene Waldgesellschaft akut gefährdet. Da erscheint es nur sinnvoll, daß man der vielleicht sogar bundesweiten Bedeutung der Leinburger Spezialität durch die Ausweisung als Naturschutzgebiet Rechnung tragen will.

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