Fröhliche Feste unterm Laubdach
„Tausendjährige Linde“ in Effeltrich von alters her Dorfmittelpunkt


EFFELTRICH (hma) – Die Linde, Baum des Jahres 1991, gilt als Sinnbild für Mütterlichkeit und immerwährendes Leben. Kaum ein anderer Baum taucht seit dem Minnegesang von Walther von der Vogelweide so oft in Liedern und Gedichten auf. Siegfried tötete unter einer Linde den Lindwurm Fafnir, blieb wegen eines Lindenblatts aber doch verletzlich.

Linden stehen vor Gasthöfen, bilden Alleen oder beherrschen Wegkreuzungen auf weiten Hochebenen als Orientierungspunkte. In vielen Ortschaften sind sie der grüne Dorfmittelpunkt – wie in Effeltrich. Unter dem Blätterdach kam man zum abendlichen Plausch und zum Tanz zusammen. Vor allem die Dorfjugend feierte unter der „Tausendjährigen Linde“ gegenüber der Kirchenburg St. Georg fröhliche Feste. Schon in alter Zeit hatte sich die weitgespannte Baumkrone über Rats- und Gerichtsversammlungen gewölbt, bis 1950 diente sie als Schattenspender für den idyllischen Biergarten eines benachbarten Gasthauses.

Ob das Naturdenkmal ersten Ranges im Trachtendorf am Südwestrand der Fränkischen Schweiz wirklich tausend Jahre auf dem Buckel hat, ist unerheblich. Der Überlieferung nach ist der Methusalem im Jahr 1007 anläßlich der Gründung des Bistums Bamberg gepflanzt worden. Eine Sage bringt den Ursprung der Linde mit ein weltliches Ereignis aus dem Mittelalter in Zusammenhang:

Vor langer Zeit mußten die geknechteten Bauern hohe Abgaben an ihren Grundherrn entrichten. Eines Tages weigerten sie sich beharrlich, den Zehnten zu bezahlen. Da ritt der Breitensteiner von seiner Burg auf dem Hetzlesberg wutschnaubend in den Ort, riß die junge Llinde aus dem Boden und steckte sie auf dem Dorfplatz mit der Krone voran wieder in die Erde. Dazu rief er laut: „So wahr, wenn dieser Baum gedeiht, seid ihr mir den Zins schuldig“. Und tatsächlich – die Linde schlug Wurzeln.

So oder so entwickelte sie sich zu einem Prachtexemplar. Verblüffend ist ihr auffälliges und unverwechselbares Erscheinungsbild. Denn das Blätterdach ist stark in die Breite gewuchert: Der Baum ist nur acht Meter hoch, hat jedoch einen Kronenumfang von 80 Metern. Diese besondere Form soll dadurch entstanden sein, daß man früher die nach oben wachsende Zweige stutzte, um man Bast zum Veredeln der Obstbäume zu gewinnen.

Irgendwann wurde das ausladende Geäst aber so schwer, daß es gestützt werden mußte. Im Jahre 1905 zimmerten die Effeltricher deshalb ein starkes Balkengerüst, das auf einer umlaufenden Mauer ruht. Nicht zuletzt dank dieser Hilfe wurde die berühmte Linde zum Überlebenskünstler, geschützt durch Traditionsbewußtsein und Anteilnahme von Generationen.

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