Gestützt, verstrebt und verplombt
Alte Linde in Schwabach spiegelt 20 Jahre Baumchirurgie wider – Treffpunkt der Marktkaufleute

SCHWABACH (hma) – Etwas ramponiert und mitgenommen sieht er trotz seines sprießenden Blattwerks beim näheren Hinsehen aus, der Baumveteran, der mit dem benachbarten Zollhäuschen am Ostrand der Schwabacher Altstadt ein hübsches Bildmotiv abgibt. Was ist nicht alles unternommen worden, um dem Siechtum Einhalt zu gebieten: Da wurden seinem Stamm Verstrebungen aus Stahl implantiert und Zementplomben eingefügt; da legte man im Wurzelwerk Drainagen, schnitt radikal die Krone zurück und verschloß die gestutzten Äste mit Lackbalsam, verpaßte ihm schließlich ein neues Stützkorsett.

20 Jahre Baumchirurgie spiegeln sich in der Alten Linde wider, aber auch der ebenso lange politische Kampf um den Erhalt des Laubträgers. Zuletzt sollte die Linde vor zwei Jahren wegen ihres maroden Zustands zu Kleinholz gemacht werden. Doch die Baumlobby setzte sich immer wieder durch. Sicher ist: Viele der gutgemeinten, aus heutiger Sicht aber zumindest zweifelhaften Behandlungsmethoden, mit denen in der Vergangenheit an dem Methusalem herumgedoktort worden ist, sind heute überholt.

Erstaunlicherweise hat der Schattenspender die Therapien alle überstanden. Fachleute sagen Linden im allgemeinen und dem Schwabacher Exemplar im besonderen eine außergewöhnliche Flexibilität und eine bemerkenswerte Vitalität nach. Verwunderlich ist es dennoch, wie der Baum mit allen Widrigkeiten zurechtkommt.

Für ein Stadtgewächs hat die Linde ein hohes Alter erreicht. In Archivunterlagen wird sie mit der Jahreszahl 1768 in Verbindung gebracht. Botaniker schätzen sie aber wesentlich älter. Da, wo er steht, hat der Laubbaum viel erlebt: Der Platz neben dem Zollhäuschen am Ortseingang war in früheren Zeiten ein beliebter Treffpunkt für die Marktkaufleute.

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