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 © Nordbayern Infonet

 

Start zu Dreharbeiten für Zeitzeugen-Archiv
Steinverkleidungen
aus Vaters Werkstatt
Edi Sers erlebte als Bub den Bau der Zeppelintribüne
mit – Interviews für das Dokumentationszentrum

  „An den Fahnenpostamenten zwischen den Stufen ums Zeppelinfeld, sind die Steinverkleidungen angebracht, die in unserer Werkstatt behauen und gelagert worden waren“. Lebhaft erinnert sich Edi Sers (75) an diese Arbeit in der Bildhauer- und Steinmetzwerkstatt seines Vaters Joseph Sers an der Schloßstraße in St. Peter. Im väterlichen Betrieb, der dazu mit zwei weiteren Fachbetrieben zusammenarbeiten mußte, sind auch Teile für die Zeppelintribüne und die Luitpoldarena bearbeitet worden.

Edi Sers ist einer der 60 Nürnberger, die sich nach dem Aufruf der Städtischen Museen (wir berichteten am 30. September) spontan als Zeitzeugen für das Filmprojekt speziell über das Parteitagsgelände meldeten. Der Nürnberger Filmautor Reiner Holzemer hat am Montag dieser Woche mit den Interviews und Filmaufnahmen für das Zeitzeugenarchiv im geplanten „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände“ begonnen. Eine weitere Drehwoche ist im Dezember geplant. Ziel ist es, Aussagen und Erfahrungen von „Normalbürgern“ dieser Zeit zu erhalten, wie sie das Parteitagsspektakel, die Selbstdarstellungen der Nationalsozialisten und das Drumherum erlebten.

So erinnert sich Sers, einst Sportamtsleiter der Stadt Nürnberg, gut daran, daß ja 1933 gegenüber der heutigen Steintribüne eine Holzkonstruktion bestand. Als Burschen mit elf Jahren hätten sie z. B. nach dem Salutschießen am Tag der Reichswehr die nicht abgeschossenen Platzpatronen gesammelt. „Das Pulver daraus haben wir natürlich auf unsere Weise verwendet und die leeren Hülsen brachten wir zum Schrotthändler“.

Mehr „zum Lachen“ sei das Auffahren der „Panzer“ gewesen: Je zwei Soldaten fuhren eine auf Fahrrädern montierte Panzerattrappe, Flugzeuge seien mit Luftballons dargestellt worden. Der Grund: Nach dem Versailler Vertrag durfte Deutschland keine derartigen Waffen besitzen.

Als 13jähriger erlebte er einen Parteitag als „Pimpf“ mit, war beim 1. Fanfarenkorps, das zum Tag der Hitlerjugend gegründet wurde. In Nürnberg waren die Ferien immer zwei bis drei Wochen länger als im „Reichsgebiet“, da die in Schulen und Turnhallen aufgebauten Betten und die Versorgungseinrichtungen wieder abgebaut werden mußten. „Ganz am Anfang“, so der einstige Scharrer-Volksschüler, „da gabs noch Strohbetten. Da halfen wir gern beim Aufräumen mit, weil wir immer wieder ein Fünferle oder Zehnerle fanden“.

Der Zeitzeuge, im Krieg verwundet und fünf Jahre in russischer Gefangenschaft, hatte als Bub Adolf Hitler bei einem Besuch 1934 in dessen Wohnung in München kennengelernt. Dort sei die Schwester der Wirtin von der Gaststätte „Merkur“ an der Peterskirche Haushälterin „beim Adolf“ gewesen.

Wer sich als Zeitzeuge noch zur Verfügung stellen, oder wer noch „stummes“ Material über die Reichsparteitage aus ganz persönlicher Sicht beisteuern will, kann sich bei der Anlaufstelle der städtischen Museen unter Telefon 09 11/2 31-56 66 melden. Ansprechpartnerin ist Susanne Greiner, werktags von 9-16 Uhr.

ks

 

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