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Noch kein Konzept zur Förderung des in Nürnberg geplanten NS-Dokumentationszentrums
In Bonn wartet man einstweilen auf Gutachten
Ende Oktober mehr Details? – Günter Gloser (SPD) macht sich bei Kanther für das Projekt stark
VON JÜRGEN TUCHEL

  BONN – Wieviel Geld gibt Bonn für das geplante „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände“ in Nürnberg? Am Rhein hat man sich noch nicht festgelegt. Wer dort dieses Thema anspricht, stößt bisher meist auf Unkenntnis. „Noch nichts gehört“ hat von diesem Projekt etwa CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Und die Haushaltsexperten, die gegebenenfalls einige Bundes-Millionen für das in Nürnberg geplante Dokumentationszentrum lockermachen sollen, haben den Bundesetat für 1998 vergeblich nach irgendwelchen Ansätzen durchforstet. Der Etat-Berichterstatter der CSU, Bartholomäus Kalb, dazu: „Im nächsten Haushalt spielt das noch keine Rolle.“

Ohne Zusagen

Während das Projekt in Nürnberg und München schon breite Unterstützung findet, herrscht in Bonn noch weitgehend Funkstille. Eine Ausnahme macht da der rührige Nürnberger SPD-Abgeordnete Günter Gloser. Er hat eine Reihe von Parteifreunden und Kollegen aus den anderen Fraktionen auf die Nürnberger Pläne und die finanziellen Probleme bei deren Verwirklichung hingewiesen. Konkrete Zusagen, auch in finanzieller Hinsicht, konnte er noch nicht erreichen. Immerhin hat er – wie berichtet – seinen früheren Parteichef Hans-Jochen Vogel – er ist Vorsitzender des Vereins „Gegen das Vergessen“ – zur Mitarbeit im Kuratorium bewegen können.

Parteifreund Freimut Duve, in Sachen Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit besonders engagiert, hat sich auf Glosers Bitten hinter die Deutsche Stiftung für Denkmalspflege geklemmt, um diese für das Nürnberger Vorhaben zu interessieren. Die Stiftung, die nach ihrer Satzung nur bauliche Maßnahmen unterstützen darf, prüft noch. Ausstellungen allein kann sie nicht fördern.

Auf dem Prüfstand

Überhaupt wird allenthalben – wenn denn tatsächlich das Thema bekannt ist – „geprüft“. Glosers Nürnberger CSU-Kollegin Renate Blank will erst das Konzept des Zentrums geprüft sehen, ehe sie sich konkret äußert. „Natürlich“ sei sie dafür, doch: „Ich möchte eine wissenschaftlich einwandfreie Darstellung des Themas.“ Sobald das gewährleistet sei, könne man über Geld reden, meint Blank.

Dagmar Wöhrl, die zweite Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete und Vize-Vorsitzende des ERP-Unterausschusses, will sich in konzeptionelle Fragen nicht einmischen. Sie hofft aber, daß die Darstellung im künftigen Dokumentationszentrum nicht „abrupt“ mit dem 8. Mai 1945 endet, sondern noch in die Nürnberger Wiederaufbauphase hineinführt. Dann nämlich glaubt sie, Gelder aus dem Marshall-Fonds lockermachen zu können, über die der ERP-Ausschuß weitgehend frei verfügen kann.

Zurückhaltend gibt man sich noch im Innenministerium, das fachlich für das Dokumentationszentrum in Nürnberg zuständig wäre. Professor Wolfgang Bergsdorff ist der für solche Fragen verantwortliche Mann im Hause Kanther. Er wurde vom ehemaligen Bauminister Oscar Schneider vor Ort über das Vorhaben informiert und um Unterstützung gebeten. In Nürnberg hatte sich Bergsdorff positiv geäußert, doch eine verbindliche Stellungnahme kann er derzeit nicht abgeben. Zuerst, sagt er, müsse formell geprüft werden, ob das Nürnberger Vorhaben „im nationalen Interesse“ liege. Erst dann könne sich der Bund dort engagieren.

Die Gutachten dazu liegen bislang nicht vor. Dem Vernehmen nach sollen sie allerdings bis Ende Oktober im Innenministerium eintreffen. „Dann müssen sich die Herren dort endlich klar äußern“, hofft Gloser, der jetzt auch Kanther direkt und die zuständigen Kollegen aller Fraktionen und Gruppen im Haushaltsausschuß um Unterstützung gebeten hat.

Nationale Aufgabe

Daß das Nürnberger Projekt eine nationale Aufgabe ist, bezweifelt Gloser nicht. In seinem Brief an Kanther heißt es: „Nürnberg ist wie nur wenige andere deutsche Städte mit dem historischen Erbe der NS-Zeit konfrontiert. Vom Reichsparteitagsgelände stehen noch immer bauliche Reste von immensen Ausmaßen. Sie übersteigen alles, was einer einzelnen Stadt hinsichtlich der Bewältigung geschichts- und denkmalpflegerischer Aufgaben zugemutet werden kann.“

 

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