Zurück zur Titelseite 

 © Nordbayern Infonet

 

Bürger stimmen Plänen für Kongreßzentrum zu:
„Dokumentation dort,
wo die Schande anfing“

  Ein Dokumentationszentrum in der Kongreßhalle zur Geschichte des Nationalsozialismus scheint auch bei der überwiegenden Mehrheit der Nürnberger Zustimmung zu finden. Bei einer Straßenumfrage der Nürnberger Zeitung äußerten sich jetzt jung und alt ausgesprochen positiv zu dem Vorhaben (die NZ berichtete).

Sonja Reichelt: „Ich finde es ganz prima, wenn hier ein Dokumentationszentrum über die NS-Zeit entsteht. Es ist wichtig, daß diese Zeit nicht in Vergessenheit gerät. Es besteht nämlich die Gefahr, daß so etwas wieder passiert, wenn die Menschen nicht genügend informiert sind. Gerade in unserer heutigen Zeit, wo Arbeitslosigkeit wieder ein Thema ist und wo Jugendliche wieder auf der Straße stehen, könnten Tendenzen zur Antidemokratie entstehen. Angesichts einer Zukunftslosigkeit gibt es wieder Feindbilder, ob das jetzt die Ausländer oder die Asylanten sind, denen man etwas in die Schuhe schieben kann. Gerade Nürnberg würde sich hervorheben, weil die Stadt keine rühmliche Ziffer in der Geschichte ist.“

Werner Riedl: „Nach über 50 Jahren wäre es gut, eine Dokumentation dort zu schaffen, wo die Schande anfing. Für mich ist es einfach eine Notwendigkeit, eine wichtige Sache, daß man sich daran erinnert. Immer wieder sollen dort besonder junge Leute sehen, was war und was die Nazis dort vorgehabt hatten. Ich bin damals als Soldat mitgegangen, um den Krieg zu gewinnen. Später erst ist mir die schreckliche Unsinnigkeit bewußt geworden. Es gibt auch heute noch Kameraden von mir, die meinen, das Leben der Soldaten sei für das Vaterland geopfert worden. In Wirklichkeit haben wir uns für ein Verbrechen mißbrauchen lassen.“

Armin Kern: „In Berlin gibt es den Reichstag, und ich glaube, hier fehlt etwas, weil Nürnberg hat auch eine Nazi-Geschichte. Ein solches Dokumentationszentrum sollte in Nürnberg gebaut werden, das Geld wäre gut angelegt. Die Jugend könnte sich über Jahrzehnte informieren, wie es war.“

Sinen Eluestue: „Ich bin dafür, weil ich im Geschichtsunterricht vieles darüber erfahren habe. Wir waren auch mit der Schule auf dem Reichsparteitagsgelände, und ich finde es super, daß man das kritisch darstellt. Ich lebe als Türkin in Deutschland und fühle mich von den damaligen Ereignissen betroffen, denn die Juden waren auch irgendwie Ausländer, ich gehöre dazu!“

Dr. Wolfgang Schürger: „Das ist ein gutes Projekt. Ich denke, man muß diese Zeit wirklich dokumentieren und der Öffentlichkeit präsentieren. Geschichte für alle versucht ja schon durch die Führungen etwas zu machen. Und so ist es einfach prima, auch in dieser Richtung dieses Kapitel der Vergangenheit aufzuarbeiten. Von der baulichen Seite her ist es sehr interessant, einen Kontrapunkt durch moderne Bauelemente zu setzen. Somit wird auch gezeigt, die Geschichte geht weiter, und die Nazis haben etwas versucht, und dem setzen wir auch nochmal was entgegen.“

Klemens Gsell, Fraktionsvorsitzender der CSU im Nürnberger Rathaus: „Die Chancen, daß sich nach jahrelanger Diskussion um die Verwendung des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes endlich ein dem Thema angemessenes Dokumentationszentrum verwirklichen läßt, begrüße ich sehr. Gerade das ehemalige Reichsparteitagsgelände ist geeignet, der jüngeren Generation Mechanismus und Folgen eines diktatorischen Staates deutlich vor Augen zu führen. Nachdem der Umgang mit dem Gelände über 50 Jahre unbefriedigend gelöst war, hoffe ich sehr, daß das Dokumentationszentrum diesen Zustand beendet. Dazu bedarf es auch der Mitwirkung der Nürnberger Bürger. Daher bin ich dem Konzern Nürnberger Druckhaus für die großzügige Spende (250 000 Mark; Anm. d. Red.) sehr dankbar, ich hoffe auf viele Nachahmer.“ we

(Nürnberger Zeitung vom 18.6.97)

 

E-Mail

zurück zur Titelseite NORDBAYERN INFONET