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Nürnbergs Oberbürgermeister Ludwig Scholz:
Wir haben nur etwas die Phantasien beflügelt

  Nach jahrzenhtelangen Diskussionen nehmen die Planungen für ein Dokumentationszentrum auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände Gestalt an. Oberbürgermeister Ludwig Scholz sucht noch nach weiteren Förderern, wie er im Gespräch mit der Nürnberger Zeitung deutlich macht..

NZ: Der Traum von der Kulturstadt Nürnberg ist zerstoben. Fürchten Sie nicht, daß man andernorts der Stadt beim geplanten Dokumentationzentrum wieder einen Strich durch die Rechnung macht?

SCHOLZ: Also die Frage, wer wo was vergeigt hat, haben wir im Stadtrat ziemlich stillschweigend beerdigt, weil es zum Schluß ein unwürdiges Spiel war. Da war auch vieles von Seiten Nürnbergs nicht ganz optimal plaziert worden. Aber das sind Schlachten von gestern. Beim Dokumentationszentrum gibt es eine klare Aussage der politischen Ebene, von der ich ausgehe, daß man zu ihr steht. Wir stellen uns der Geschichte. Aber das ist nicht eine Angelegenheit der Nürnberger allein. Die Aufgabe muß national, wenn nicht gar international bewältigt werden.

NZ: Nun gibt es boshafte Stimmen, die sagen, Nürnberg unterstütze das Projekt, um damit mehr Besucher in die Stadt zu locken, also aus touristischen Gesichtspunkten.

SCHOLZ: Also, ich will das nicht ausschließen. Ja, lieber Gott, jetzt kommen schon über 100 000 Menschen hierher, die etwas ratlos im Gelände rumstehen und sagen, ja, was war das eigentlich? Die Neugierde ist groß. Wir eröffnen hier nicht eine touristisches Zentrum, sondern wollen Fragen nach unserer Geschichte beantworten helfen. Je mehr Besucher kommen, desto besser.

NZ: Herr Oberbürgermeister, wie kann eine Kommune, die ohnehin schon unter Finanzproblemen leidet, sich so ein aufwendiges Projekt leisten?

SCHOLZ: Das ist in der Tat eine schwierige Aufgabe. Ich versuche auch in Bonn und München klarzumachen, daß wir, als die Kleinsten in dem Dreierblock, uns der Aufgabe gern unterziehen, aber eben nicht allein. Wir eröffnen eine Haushaltsstelle und beginnen mit der Anfinanzierung. Wir stellen das zunächst mal voll in den mittelfristigen Investitionsplan ein, weil wir uns nicht drücken wollen. Der Stadtrat muß das noch akzeptieren. Ich gehe davon aus, daß er es tut.

NZ: Viele wundern sich, daß unter der SPD-Stadtregierung hinsichtlich des Reichsparteitagsgeländes kaum etwas voranging, sich jetzt aber plötzlich einiges bewegt. Was ist passiert?

SCHOLZ: Vielleicht haben wir nur etwas die Phantasien beflügelt und gewisse Tore geöffnet, die vorher zu waren. Es gab eine gewisse Resignation, ich habe es nicht tiefenpsychologisch analysiert. Gegenwärtig geschieht in der Tat einiges.

Fragen: Raimund Kirch, Nürnberger Zeitung, 16.7.1997

 

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