Nur Etikett statt Inhalt
Interview mit Katja von Garnier

Mit großem Werbeaufwand und einer Vierfach-Premiere beim Münchner Filmfest wurde Katja von Garniers „Bandits“ gestartet. Das Roadmovie über vier Frauen, die aus dem Knast ausbrechen, läuft heute bundesweit an. Die 30jährige Regisseurin hatte 1992 einen Überraschungserfolg mit „Abgeschminkt“. Jetzt übernahm ein internationaler Verleih die Vermarktung von „Bandits“, es gibt die CD mit dem Soundtrack und das Buch zum Film. Katja von Garniers Darsteller-Team kommt am 4. Juli zur Abendvorstellung ins Nürnberger Cinecittà und diskutiert mit den Zuschauern. Wir sprachen mit der Filmemacherin in München.

Sie sind jung, weiblich und erfolgreich. Schafft das Druck in einer Branche, bei der die Zuschauerquoten stimmen müssen?

Garnier: Ich glaube, Druck hat mit diesen drei Begriffen erst mal gar nichts zu tun. Für mich war der Druck viel größer, als ich die Idee zum Film hatte und es losging. „Abgeschminkt“ ist ja unter einer großen Unbefangenheit entstanden. Zu einer solchen Unbefangenheit wollte ich wieder zurückfinden. Man braucht einen Stoff, an den man glaubt, und dann kann man damit etwas Neues machen.

„Bandits“ hat auch etwas mit Befreiung zu tun. Vier Frauen brechen aus. Aber vielleicht muß man das in einem Musikfilm nicht ganz so ernst nehmen?

Garnier: Ich denke, man muß ernst nehmen, wer sie sind und woher sie kommen. Man muß ernst nehmen, daß sie aus dem Knast sind und danach eigene Bedürfnisse haben. Man muß ja auch mit einbeziehen, daß diese Frauen wer sein wollen. Sie wollen ihre Musik einem Plattenfuzzi schicken, der sie ablehnt und erst dann herausbringt, wenn sie als Kriminelle in den Medien vermarktet werden.

Ihr Film orientiert sich an einer dynamischen Videoclip- und MTV-Ästhetik, was Ihnen schon Kritik eingebracht hat. Ist das der Weg, die jungen Leute ins Kino zu holen?

Garnier: Ich überlege natürlich, was ich gerne sehen würde im Kino. Und wenn man einen Musikfilm in den neunziger Jahren macht, kann man nicht übersehen, wie die Musikkanäle unsere Sehgewohnheiten beeinflußt haben. Es gibt Bands, die wären ohne das Video gar nichts. Andererseits ist das eine spezielle Vorliebe von mir, diese unlineare Erzählweise, denn im Film haben wir den Luxus, räumliche und zeitliche Grenzen aufzuheben.

Sie sagten, „Hair“ sei ihr Lieblingsfilm. Der entstand in etwas aufsässigeren Zeiten. Gibt es in Ihrer Generation etwas, wogegen ein Künstler in einem Film protestieren könnte?

Garnier: Ja, in „Bandits“ wird gezeigt, daß der Inhalt nicht mehr zählt, sondern nur das Etikett. Dann gibt es noch eine andere Kritik, nämlich gegen überzogenen Individualismus. Ich habe eine Dokumentation über unsere Generation gemacht. Das Stimmungsbild war Resignation, Desillusion, Ohnmacht. Da plädiere ich schon für mehr Solidarität. So ist das in den „Bandits“ gemeint, diese Freundschaft unter Frauen. Daß man die Stärken und Schwächen ausgleichen kann. Wie bei den Bremer Stadtmusikanten, märchenhaft und real zugleich.

Interview: INGE RAUH

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