Hitchcocks Erben
Der Thriller „Breakdown“ erinnert an die Tugenden des Altmeisters

Alptraum-Situationen, wirklich: Da fährt ein Ehepaar aus der Stadt durch die heißen Gebirgswüsten des amerikanischen Südwestens, und das Auto läßt sie im Stich. Auch das Handy funktioniert nicht, deshalb läßt sich die Frau von einem freundlichen Lastwagenfahrer mitnehmen – doch sie taucht nicht wieder auf, und ihr Mann wird bald meinen, die ganze Welt habe sich gegen ihn verschworen: Um die Gattin zu retten, muß er es nicht nur mit der feindlichen Umwelt, sondern auch mit einer Mörderbande aufnehmen.

Jonathan Mostows Thriller „Breakdown“ versteht es, den Zuschauer die doppelte Bedrohung spüren zu lassen und ihr passenden visuellen Ausdruck zu verleihen: Stadtmensch Jeff und sein rotes Auto sind optisch zunächst Fremdkörper in der monumentalen Landschaft – erst zum Schluß, nach dem Finale dicht am Abgrund, scheint die Umwelt Frieden mit dem Helden geschlossen zu haben: Die letzten Einstellungen zeigen das überlebende Menschenpaar immer noch winzig, aber ins Gesamtbild integriert.

Doch man muß gar nicht so tief schürfen: „Breakdown“ ist vor allem eine verflixt clevere, bis zur letzten Minute spannende Achterbahnfahrt, die bekannte Grundsituationen des Genres gekonnt ausreizt und Erinnerungen an Filmklassiker wachruft: An „Stadt in Angst“ mit Spencer Tracy, wo sich ebenfalls ein Einzelgänger gegen eine Redneck-Bande zur Wehr setzen muß, an Steven Spielbergs Debütfilm „Duell“ und an Roman Polanskis „Frantic“, in dem Harrison Ford als Amerikaner in Paris die unter der Hoteldusche weggekidnappte Ehefrau ausfindig zu machen versucht.

Vor allem aber schwebt über „Breakdown“ natürlich der Geist jenes dicken Engländers, der gerne als „Master of Suspense“ tituliert wurde: Wie in Alfred Hitchcocks typischsten Filmen sind es nicht die Aktionen, sondern die hinterhältigen Situationen, aus denen hier die Spannung erwächst, und das mit ganz zurückhaltenden formalen Mitteln: Man achte beispielsweise einmal auf den sparsamen, dafür um so beunruhigenderen Musikeinsatz.

Kurt Russell spielt den unversehens zum Einzelkämpfertum gezwungenen Stadtmenschen und zeigt, daß er nicht nur als harte „Klapperschlange“, sondern auch als verzweifelt kämpfender Dutzendtyp überzeugen kann. Weniger zu tun hat Kathleen Quinlan in der Rolle seiner zwischenzeitlich verschwindenden Gattin Amy. Doch ein guter Thriller, das wußte schon Meister Hitchcock, steht und fällt letztlich mit seinem Schurken: J.T. Walsh als biederer Bösewicht mit harmlosem Gesicht ist eindeutig das Trumpf-As dieses Films: Die Szenen, in denen wir ihn im Kreis von Frau und Kind beobachten, sind die doppelbödigsten dieses an Fallstricken nicht gerade armen Kinovergnügens. map

 

Zumindest eine gute Stunde lang ist Jonathan Mostows Thriller „Breakdown“ eine Wohltat für Augen und Verstand, ein Fels der Intelligenz in der Brandung dummdreisten Krawallmacherkinos. Ein Film mit einer klar konstruierten, ebenso überschaubaren wie realitätsnahen Handlung – ein Streifen der sich, seine Charaktere und nicht zuletzt den Zuschauer so ernst nimmt, wie es der Plot (und der Zuschauer) verdient haben.

Da gibt es kein Dialoggeklingel, keine angestrengt um Lacher buhlende Gags und keine unlautere Spannungsmache; und gerade deshalb gehört „Breakdown“ zu jener Sorte Kino, das den Zuschauer an den Sitz zu nageln versteht. Die Ausgangssituation erinnert an Polanskis „Frantis“ und Sluizers „Spurlos“. Auf unerklärliche Weise verschwindet eine Frau, und als ihr Mann sie sucht, stößt er auf eine Mauer des Schweigens.

Niemand weiß etwas, keiner will sie gesehen haben. Action (auf die der Film erst im Showdown zurückgreift) ist bei einer derartigen Konstellation nicht nötig, um Spannung und ein latentes Gefühl der Bedrohung herzustellen.

Jeff (in einer Bombenrolle: Kurt Russell) und Amy Taylor (Kathleen Quinlan), beide Oststaaten-Yankees, sind auf den einsamen Straßen des Monument Valley im amerikanischen Südwesten unterwegs. Als ihr Auto streikt, bleibt Jeff bei seinem Luxus-Jeep zurück, während sich Amy von einem Trucker (Meister des Understatement: J. T. Walsh) mitnehmen läßt, um Hilfe zu holen. Stadtmenschen in grandioser Wüstenlandschaft. Man ahnt, daß etwas schiefläuft, schieflaufen muß.

Mit Glück entdeckt Jeff die Pannenursache, repariert den Jeep selbst und begibt sich auf die zunehmend mysteriöser anmutende Suche nach seiner Frau. Die Landbevölkerung gibt sich wortkarg, unfreundlich und ahnungslos und argumentiert auch schon einmal mit einem schußbereiten Revolver. Überheblichkeit und Neid sind fast körperlich spürbar, und von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Haß.

Als der inzwischen reichlich verzweifelte Ehemann den hilfsbereiten Trucker aufspürt, ist seine Konfusion perfekt. Denn auch der will weder Jeff noch Amy jemals zuvor gesehen haben. Mostow bedient sich am Anfang leiser, heimtückischer Thrills, die – zu unspektakulär für Schockmomente – auf ein nervenzerrendes Finale zusteuern. Mehr wird nicht verraten.

Die Atmosphäre der sich stetig steigernden Angst vor einer unerklärlichen, nicht so recht greifbaren Bedrohung erhält Mostow eine erstaunlich lange Zeit aufrecht und erzeugt dadurch jene Art von „suspense“, die heutzutage scheinbar aus der Mode gekommen ist. Alfred Hitchcock hätte an diesem Streifen vermutlich seine helle Freude gehabt. MICHAEL MEIER

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