Zeit-Reise an die Gestade der Wega
Robert Zemeckis' kosmische Kitsch-Abenteuer in „Conctact“:
Letzte Fragen über die menschliche Mission im All

„Bumm, bumm. Bumm, bumm“ und nochmal „bumm, bumm“. Was kann das sein? Zittert der Whiskey im Glas, klirrt die Tasse gegen den Unterteller? Nein, hier naht ausnahmsweise einmal kein Saurier. Das seltsame Wummern ließe sich eher als eine Art kosmischer Herztöne bezeichnen. Seit Jahren schon hat die Wissenschaftlerin Ellie Arroway auf eine solche Botschaft aus dem All gewartet. Seit ihr Vater, der früh starb, ihre Faszination für die Sterne zu wecken verstand, widmet sie sich mit energischem Ernst den Phänomenen des Außerirdischen. Inzwischen ist aus dem Kind eine anerkannte Astronomin geworden, die gemeinsam mit einem staatlichen Forscherteam Radarantennen ins All richtet. Lange Zeit ohne Erfolg. Doch dann: „Bumm, bumm. Bumm, bumm.“

Darüber ist der „Spiegel“ ein wenig verstimmt. Man wisse doch, quengelt er mißmutig, daß Jodie Foster wahnsinnig gescheit sei, müsse sie das denn im Film noch so direkt präsentieren? Nun ja, Scharen an Schlaumeiern, Invasionen an Intelligenzbestien männlichen Geschlechts haben die Leinwände in 100 Jahren Filmgeschichte heimgesucht, ohne daß sich großer Protest erhoben hätte, auch ohne, daß die dringliche Frage, wo Fiktion und Wirklichkeit sich dabei überhaupt berührten, einmal so richtig erörtert worden wäre.

Lassen wir das. Fest steht, daß sich Robert Zemeckis' neuer Film „Contact“ erfreulicherweise nicht den ewiggleichen Mustern des Science-Fiction-Genres unterwirft, und daß dies zu einem großen Teil auch seiner Protagonistin zu verdanken ist. Hochkonzentriert, mit der ihr eigenen Präsenz spielt Jodie Foster die spröde, widerspenstige Ellie und vermittelt die Anspannung einer Figur, für die eine persönliche Passion zum unbeirrbaren Antrieb des Denken und Handels wird. Nicht die Relativitätstheorie, nicht skeptische Vorgesetzte, nicht der Kuß eines gutaussehenden jungen Mannes (Matthew McConaughey) lassen sie außer Fassung geraten; und wenn alle in Deckung gehen, weil eine gigantische Zeitmaschine explodiert, zittert bei Ellie höchstens der Ohrring.

Fans des konventionellen Science-Fiction-Films mögen enttäuscht sein. Die Geschichte nach einem Roman des Weltraumwissenschaftlers Carl Sagan will nicht darüber spekulieren, wie Lebensformen im All beschaffen sein könnten. Anders als in „Forrest Gump“, wo Tom Hanks dank spektakulärer digitaler Effekte John F.Kennedy die Hand schütteln konnte, verzichtet der Regisseur deshalb diesmal auf technischen Schnickschnack. Sein neuer Film schöpft seine Spannung ganz aus der Vielzahl von Gefühlen, die die greifbar nahe gerückte Möglichkeit einer anderen Existenz in uns auslöst – am stärksten spürbar in dem Moment, als Ellie allein in die Zeitma schine steigt, die sie zur 26 Lichtjahre entfernten Wega bringen soll. Das hat mit Aliens nichts zu tun; um so mehr aber mit all dem, was sich im menschlichen Leben schwer fassen läßt.

Die Zeitreise am Ende, inszeniert als psychedelischer Farbstrudel fast wie in Kubricks Klassiker „2001“, mag auf den ersten Blick hilflos wirken, wenn Ellie in einem an Südsee-Idyllen erinnernden Palmen-Paradies landet und dort ihren Vater wiedersieht. Es zeigt aber auch, wie sehr die Vorstellungskraft von Dingen, die über das Irdische hinausgehen, durch unsere individuellen Bedürfnisse geprägt ist. Und was immer im All für Wesen existieren mögen: die menschliche Anhänglichkeit sehnt sich offenbar am meisten danach, dort die Vertrauten von früher wiederzufinden. T. Dotterweich

 

Was waren die Russen froh, als ein Amerikaner heil an der Weltraumstation Mir andockte und sein Ersatzteillager auspackte. Die überirdische Reparatur brachte einmal mehr ins Bewußtsein, daß ohne die Jungs aus Washington rein gar nichts läuft. Doch die Pannen-Mission im All wird bei täglicher Fernseh-Wiederholung auch schnell langweilig. Den Nachrichtensendern sei ein Pfiffikus wie Robert Zemeckis empfohlen, weil er aufs genialste den Trick beherrscht, Welt- und Gemütslagen gleichermaßen schlicht und erzamerikanisch zu erklären.

Deshalb ist CNN in Zemeckis' kosmischem Kitsch-Abenteuer namens „Contact“ rund um die Uhr präsent. Die Aufregungen von Ted Turners Mannschaft, live und original im Film an allen Brennpunkten vor Ort, leuchten jedem Zuschauer ein. Eine Astronomin hat Zeichen von der Wega empfangen, es pulst und pulst in mächtiger Verstärkung ans menschliche Ohr. Die Wissenschaft steht kopf, das Weiße Haus schickt seine Klüngel vor, die ersten Ehrgeizlinge wollen auf Sternentour und der Guru des Präsidenten stellt die philosophisch unanfechtbare Frage nach Gott.

Daraus könnte man eine saftige Satire machen. Der Filmemacher Robert Zemeckis („Forrest Gump“) ist aber einer, der die Illusionsmaschinerie dank vieler Millionen Dollar so perfekt bedient, daß jedes Risiko ausgeschlossen bleibt. Allerweltsweisheiten türmen sich bombastisch zu Debatten über menschliche Ratio, wissenschaftlichen Beweis und unwiderlegbare Glaubensbekenntnisse auf und erwecken den Anschein, als würden Einsteinsche Formeln neu erfunden.

Dabei sitzt da lediglich die strenge Jodie Foster, eine fabelhafte Schauspielerin, und zeigt dem Publikum, daß das weibliche Erdengeschlecht in oberen Denk-Kategorien durchaus konkurrenzfähig ist. Solange der Regisseur, der einen Roman von Carl Sagan adaptierte, bei ihrer Sache bleibt, macht er einen umtriebig-witzigen Film. Foster als Forscherin Ellie mit Faible für gigantische Teleskope setzt sich in einer profilsüchtigen Männerwelt schlagfertig durch. Der Beruf ist Passion und Passion ist manchem nicht recht. Dann kippen die Projekte, die tapfere Ellie fängt wieder von vorn an.

Allerdings dienen diese transparenten Gesellschaftsbilder nur der Erfüllung eines höheren Zwecks. Das Universum, meint Zemeckis, sind wir. Und dazu muß er seine zu allem entschlossene Heldin auf den Trip ins Innere schicken, mit viel Gedöns hebt sie in Totalvibration ab – tja, um auf der Wega zu landen. Und dort könnte sie auch Indiana Jones am seichten Gestade treffen, aber es ist ihr verstorbener Papa, der die Zeit-Raum-Reise heimlich dirigiert.

Wer das nicht begreift, muß nicht ins Grübeln kommen. Es reichen hin und wieder ein paar Gags zur Erinnerung, wie „Contact“ auch hätte zustande kommen können. Als die Wissenschaft zum Beispiel den Code der Wega-Botschaft knackt, erscheint Adolf Hitler bei der Eröffnung der Olympischen Spiele 1936 auf dem Flimmerschirm. Es hat 26 Lichtjahre gebraucht, bis die Sendung die Wega erreichte. Die Stäbe des US-Präsidenten sind stinkwütend. Bill Clinton war so nett und spielte sich selbst. Bei soviel persönlicher Unterstützung war klar, wo die Subversion ihre Grenze hat.

Am erbärmlichsten ist die Love-
Story. Ein Esoteriker tut sich mit Ellie zusammen, Vernunft und New Age. Völlig verschenkt, im Happy-End ertränkt. Inge Rauh

Zur sehr gut gemachten Homepage des Filmes (engl.)

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