Von Rache erfüllt
Yavuz Turguls einfühlsames
Vergeltungsepos „Eskiya – Der Bandit“

„Was bedeutet ein Leben verglichen mit der Liebe?“ Im türkischen Kinoereignis „Eskiya – Der Bandit“ gibt es darauf nur eine Antwort: Für betrogene Liebe und gedemütigte Ehre wird Rache genommen ohne Kompromisse.

Der ehrenhafte Bandit Baran (Sener Sen) hat 35 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht, nachdem sein Kumpan Berfo (Kamuran Usluer) ihn an die Polizei ausgeliefert hatte, um Baran seine Verlobte Keje (Sermin Sen) ausspannen zu können. Wieder auf freiem Fuß führt Barans erster Weg nach Istanbul, wo er der Spur seines Verräters und seiner großen Liebe folgt. Auf der Zugfahrt lernt er den Kleinganoven Cumali (Ugur Yücel) kennen, der ihn in Istanbul über Wasser hält und ihm bei der Suche hilft.

Gleichzeitig geht Cumali Drogendealereien nach, um den Bruder seiner Geliebten Emel (Yesim Salkim) aus dem Gefängnis holen zu können. Doch Istanbuls Unterwelt hält einige böse Überraschungen für sie bereit.

In „Eskiya“ kommt der deutsche Zuschauer mit einer Kultur in Berührung, in der Liebe, Ehre und Rache unauflöslich miteinander verstrickt sind. Die Emotionalität, die hinter dieser Konstellation steht, wird dabei von den Schauspielern nicht nur gemimt, sondern richtiggehend gelebt.

Yavuz Turguls Fim hat in der Türkei Furore gemacht und hebt sich auch auf deutschen Leinwänden wohltuend aus der Hollywood-Masse heraus.

Dieser Film lebt allein von seiner Geschichte und seinen Charakteren. Keine technischen Finessen oder berühmte Stars stören die glasklare Schlichtheit. Hier wird nur eine Geschichte über menschliches Fühlen und Denken erzählt. Und mit seiner Intensität lädt er ein, alle Vernunft einmal hinter sich zu lassen und einfach mitzufühlen. Die ganze Palette: Liebe, Ehre, Haß und Rache. vg

 

Einst war die Türkei eines der produktivsten Filmländer Europas, aber inzwischen geht auch dort so gut wie gar nichts mehr. Man braucht es deshalb nicht als multikulturelles Versäumnis werten, daß nur alle Jubeljahre einmal ein türkischer Streifen in unsere Kinos kommt. Die türkisch-französisch-bulgarische Co-Produktion „Eskiya – Der Bandit“ (im Original mit Untertiteln) war in ihrem Entstehungsland der kassenstärkste Film des letzten Jahres und erlebt jetzt ihre deutsche Uraufführung.

Episch breit, wortkarg und zwischendrin immer wieder ironisch erzählt Regisseur Yavuz Turgul eine melodramatische, romantische Rachegeschichte. Formal bedient er sich dabei aus so verschiedenartigen Genres wie Gangsterballade, Liebesfilm und Gaunerkomödie und webt zusätzlich eine vergleichende Studie über Tradition und Fortschritt mit ein. Begriffe wie „Moral“ und „Ehre“ erfahren dabei die unterschiedlichsten Auslegungen, je nachdem, von wem sie verwendet werden.

Die Ausgangssituation könnte aus einem Warner-Brothers-Gangsterfilm der 30er Jahre stammen. Baran (großartig als stoischer, altesweiser Held: Sener Sen) saß 35 Jahre im Knast, weil ein Freund ihn an die Polizei verriet. Nicht genug damit, der einstige Kumpel stahl ihm auch noch sein Geld, um damit Barans Braut zu kaufen. Nach seiner Entlassung ist Baran ein alter Mann, etwas müde, aber keineswegs ausgebrannt. Der Gedanke an Rache und das Aufspüren seiner großen Liebe treibt ihn vorwärts.

Baran, der Ex-Bandit (= eskiya), kehrt in seine anatolische Heimat zurück, aber dort ist nach so langer Zeit natürlich auch nichts mehr, wie es einmal war. Sein Dorf wurde von einem Stausee überflutet, die Menschen, die er kannte, längst über alle Berge. Trotzdem findet er den Namen des Verräters heraus, und macht sich auf nach Istanbul, wo er ihn vermutet.

Unterwegs schließt Baran Freundschaft mit einem jungen Drogenhändler (Ugur Yücel) und hilft ihm mehrmals aus der Patsche. Sein Ziel verliert er darüber zunächst nicht aus den Augen, dann jedoch werden ihm Heißblütigkeit und Eifersucht seines neuen Freundes zum Verhängnis. Die Anzahl der Personen, an denen Baran Vergeltung üben muß, multipliziert sich.

Baran, ein fast mythischer Einzelgänger, sucht Wärme und Geborgenheit, findet in der hektischen, lauten, von korrupten und verschlagenen Menschen bevölkerten Großstadt jedoch nur zur Gewalttätigkeit seiner Jugend zurück. Ein kleiner, feiner Film, dem man den geradezu märchenhaften Schluß nachsehen kann, weil er einen vorher zwei Stunden fabelhaft unterhalten hat. Kann man als Kinogänger mehr erwarten? MICHAEL MEIER

Schon mal in die Türkei gesurft? Hier gehts zur Homepage des Films. (Natürlich türkisch - und gut gemacht.)

Informationen zu Anfangszeiten in den Kinos

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