"Sin Querer - Zeit der Flamingos"

Dröges
Dornröschen

Ein Schiff wird kommen, und wieder einmal hängt alle Hoffnung daran. San Lorenzo, ein kleines Dorf ganz im Süden Argentiniens, versunken in drögem Dornröschenschlaf, wittert Aufstieg und Reichtum, als eine neue Straße für den Überlandtransport eines Vergnügungsdampfers gebaut werden soll. Die Schulkinder basteln bereits ein Pappschiff für die Feier des großen Ereignisses, der Bürgermeister hält flammende Plädoyers für den erwarteten Fortschritt – an dem freilich auch er kräftig verdienen will. Aber noch ist alles nur geplant. Mario (Daniel Kuzniecka), ein junger Ingenieur aus der Hauptstadt, muß das Land erst vermessen. Und doch sehen die Einheimischen in ihm den Propheten für ihre Zukunft, den Prinzen, der sie endlich wachküßt. Die Frauen nehmen das wörtlich.

„Sin querer – Zeit der Flamingos“, ein Film des Argentiniers Ciro Capellari, erzählt eine altbewährte Geschichte. Es ist die Geschichte vom gerechten Helden, der eine Gemeinschaft in ihrer erstarrten Ordnung (die auch hier korrupt ist) verunsichert, und die Geschichte vom schönen fremden Mann, der die ewigen Träume von Freiheit und Liebe (vom Leben verraten und verkauft) neu träumen läßt. Der dörfliche Mikrokosmos gerät in Erregung, so oder so. Machthungrige Machos und Großgrundbesitzer werden entlarvt. Noch immer gehen sie über Leichen, weil ein Indianer nichts zählt, und richten sich blutjunge Mädchen fürs Ehebett ab. Für die unerfüllte Krämersgattin Gloria (Angela Molina) hingegen bedeutet die Begegnung mit Mario hormonellen Aufschwung und Prüfung des Herzens. Wird sie der inneren Stimme gehorchen und mit ihm gehen?

Das emotionale Profil des Films bleibt leider so flach wie die patagonische Landschaft: ein karges Panorama menschlicher Kompromisse. Allzu gemächlich werden Schicksale eingefädelt, deren Verlauf spannungslos beobachtet wird. Gesten der Unentschlossenheit, halbe Gefühle: als ob sich die Regie hat anstecken lassen vom öden Dasein. Weder als Provinzposse (wie stellenweise anvisiert) noch als Drama erlahmter Existenzen kann der Film besondere Akzente setzen. Die Flamingos kommen, die Flamingos gehen: Wenig wird sich dazwischen verändern. Zum Schluß fällt der Dorfältesten das Fernglas zu Boden. Damit hat sie bislang das ganze Geschehen aus der Ferne verfolgen können – jetzt ist es zerbrochen. Aber sie nimmt's gelassen: „Was gibt es hier schon Interessantes zu sehen?“

Eben.

lupus

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