"Jenseits der Stille": Romantischer
Film von Caroline Link Der Klang der Welt Gehörlose Menschen, so sagt man, sind in ihrer Reinheit und ihrer Stille dem Paradies ein wenig näher. Und das glaubt man gern, wenn man die beiden tauben Theaterschauspieler Emmanuelle Laborit und Howie Seago nun in Caroline Links wunderschönem Film "Jenseits der Stille" sieht. Wenn die sanfte Laborit lautlos und glücklich mit den Schlittschuhen über die Eisbahn gleitet oder sich die beiden Darsteller als Laras Eltern in ihrer hermetisch abgeschirmten, aber harmonischen Welt verliebt in die Augen blicken: Dann braucht der Zuschauer keine Worte, diese Szenen gehören zum romantischsten und ruhigsten, was das Kino seit langem zu bieten hatte. Diese Bilder aber entfalten nur eine der vielen wunderbaren Facetten in Links außerordentlicher Regie-Arbeit. Endlich nämlich ist es einer deutschen Filmemacherin gelungen, von Problemen zu erzählen, ohne den Zuschauer gleich in Mitleid oder Depression zu stürzen; hier darf gelacht und geschmunzelt werden; von Zynismus oder Verbitterung keine Spur. Emotional fesselnd "Jenseits der Stille" erzählt mindestens drei kleine Geschichten, glaubhaft verzahnt und emotional fesselnd. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Lara - faszinierend dargestellt von Tatjana Trieb (Foto: Buenavista) als Kind und Sylvie Testud als junge Frau -, die als Tochter von zwei Taubstummen ein Grenzgänger von Kindesbeinen an ist. Bereits als kleines Mädchen dient sie ihren Eltern als Sprachrohr zur Außenwelt: für Telefonate, Bankgeschäfte und selbst für die Gespräche mit den Lehrern ist sie ihnen unabkömmlich, eine Abhängigkeit, die Lara Jahre später in größte Gewissenskonflikte und Schuldgefühle führen wird. Einfühlsam konzentriert sich die Regisseurin auf die Emanzipation der jungen Frau, die letztlich ihren eigenen Weg geht und ausgerechnet Musikerin werden will. Ein Wunsch, der in die zweite Geschichte, nämlich die innige, aber schwierige Vater-Tochter-Beziehung greift. Ebenso sensibel und nachvollziehbar schildert die Filmemacherin die Angst des gehörlosen Vaters, seine Tochter gerade an jene Welt zu verlieren, die ihm verschlossen bleibt. Und somit zeigt der Film auch die Macht der Musik, die hier buchstäblich zwei Welten grausam voneinander trennt. Daß sich Lara der Klezmer-Musik verschreibt, ein Gastauftritt von Giora Feidman im Film sozusagen zum Schlüsselerlebnis wird, ist kein Zufall. Keine andere Musik nämlich fängt wie ein Seismograph die menschlichen Gefühle zwischen Freude und Trauer so auf wie die jüdische Klezmermusik, ist spannend und abwechslungsreich wie das Leben. Auch Lara fühlt sich oftmals so: Ihre Mutter verunglückt tödlich, im nächsten Moment aber findet die junge Frau Glück und Trost in der Liebe und in der Musik. Ein stetiges Auf und Ab der Gefühle, das im jungen deutschen Film so lebensnah und ehrlich bislang noch nicht zu sehen war. Selbst daß der Film über weite Strecken zur Weihnachtszeit spielt, ist weder rührselig noch kitschig, sondern der Thematik nur angemessen. "Wie klingt der Schnee?" will der Vater von der mittlerweile erwachsenen Tochter am Ende wissen. "Der Schnee macht keine Geräusche", antwortet die Tochter in der Gebärdensprache. "Der Schnee macht die Welt leise." Sharon Chaffin |
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