Leben wie ein Fisch
Ein wunderbares Stück Kino:
Alex van Warmerdams Erstlingsfilm „Abel“

Kritik aus der

Es ist ein Ende mit Schrecken, das Alex van Warmerdams unkonventionelles Meisterstück „Abel“ krönt: Der neurotische Abel (Alex van Warmderdam) verläßt seine selbstgewählte Isolation und entscheidet sich für das Leben, für seine erste Liebe zu der Peepshowtänzerin Sis (Annet Malherbe), die eigentlich die Geliebte seines Vaters Victor (Henri Garcin) ist. Mit diesem Schritt in die Außenwelt löst sich das 31jährige ödipale Mustersöhnchen, das zehn Jahre lang die Welt nur als stiller Beobachter durch ein Fernglas betrachtet hat, zum einen von seiner dominanten Mutter Dove (Olga Zuiderhoek) und wehrt sich zum anderen gegen seinen autoritären Übervater: in einer hochdramatischen und zugleich witzigen Sequenz.

Denn in van Warmerdams Erstlingswerk, das nun nach über zehn Jahren, nach dem überraschenden Erfolg mit „Noorderlingen“ ins Kino kommt, liegen Komik und Tragik eng beieinander; mit einem scharfen Blick für menschliche Verhaltensmuster seziert er die Neurosen seiner Figuren bis aufs Äußerste, ohne sie jedoch völlig der Lächerlichkeit preizugeben. Rabenschwarz ist bei dieser Geschichte nicht nur der Humor, auch die filmische Umsetzung spiegelt die Verschrobenheit dieser Gestalten wieder: Fast die gesamte Handlung spielt in geschlossenen Räumen, die so verschlossen sind wie ihre Bewohner, Farbe bringt in diese Düsternis nur der bonbonfarbene Kinderpullover des erwachsenen Abel.

Auch die Gespräche verstärken den klaustrophobischen und trostlosen Charakter der niederländischen Produktion. Wie im Theater, wo der Filmemacher in Amsterdam begonnen hat, ist auch in „Abel“ die Kommunkation oft zur Karikatur verkommenen: Selten gab es im Kino ein so köstlich inszeniertes irrwitziges Rendezvous zu sehen wie hier. Da fragt sich der Zuschauer gemeinsam mit Victor: „Warum ist das Leben nicht normal?“ (OmU). sc

  Kritik aus den

Der preisgekrönte Erstlingsfilm des Niederländers Alex van Warmerdam heißt „Abel“ und handelt von Fischen. Dove (Olga Zuiderhoek), Victor (Henri Garcin) und Abel (Axel van Warmerdam) könnten eine ganz normale Familie sein, doch leider sind sie Fisch-süchtig. Gierig schlingen sie Heringe in sich hinein, an den Wänden ihrer Wohnung hängen Fischbilder und Olga trägt ein passendes Fischamulett. Der Sohn Abel lebt in der Wohnung, als wäre er ein Hecht im Aquarium: Draußen glaubt der 31jährige nicht überleben zu können. Drinnen versucht er sich mit einem riesigen Bücherstapel umzubringen, spielt den Idioten und läßt sich von der Mama ablecken.

Alex van Warmerdam ist vom Theater zum Film gekommen. Das ist aus seinem Debütfilm von 1986 noch gut ablesbar. Der Regisseur inszeniert ein groteskes Kino-Kammerspiel. Die Kunsträume wirken beengend und sind mit Liebe zum Detail gestaltet.

Abels Wohnung wirkt völlig abgeschottet gegen die Außenwelt. Von dort fällt nur ein unwirkliches blaues Licht in die Zimmer. Die Couch, der Eßzimmertisch oder das Ehebett sind die Schauplätze der komisch-absurden Ereignisse.

„Abel“ besticht durch seine subtile Dramaturgie. Farben charakterisieren Figuren und Stimmungen. Als der Stubenhocker von seinem Vater aus der Wohnung geworfen wird, gerät er in eine graue Betonwelt hinaus. Er stolpert über farblose Straßen, die Autos sind braun und die Lampen in den Geschäften beige. Erst als Abel in einem Lunchroom die Stripperin Sis (Annet Malherbe) kennenlernt, wird es wieder bunt. Sis Wohnung leuchtet in Rottöne, ihre orangefarbenen Vorhänge flattern im Wind. Abel zieht bei ihr ein, der Fisch hat ein neues Aquarium gefunden.

Kompliziert wird die Geschichte, weil auch Vater Victor ein Verhältnis mit Sis hat. Doch wesentlicher als der Handlungsfaden ist die Erzählweise. Langsam nähert sich die Kamera den Gesichtern, die Darsteller haben Zeit, um Emotionen zu zeigen. Regisseur van Warmerdam spielt den Abel als eine verblüffende Mischung zwischen Normalo und Verrücktem. Wunderbar, wie er die ersten Schritte durch die feindliche Außenwelt als den Streifzug eines neugierigen Kindes spielt, dem egal ist, was die anderen über es denken.(Original mit Untertitel) möl

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