Clint Eastwoods geradlinig gedrehter Action-Thriller
„Absolute Power“

Mißtrauen gegen die Mächtigen

Kritik aus der

Pech gehabt: Beim Einbruch in das Landhaus eines Multimillionärs wird der pensionsreife Meisterdieb Luther Whitney (Clint Eastwood) ungewollt Zeuge, wie ein älterer Mann seine junge Geliebte bedrängt und mißhandelt. Als sie sich mit einem Brieföffner zur Wehr setzt, dringen plötzlich zwei Männer in den Raum ein und erschießen sie. Jetzt hat Luther ein großes Problem, denn der ältere Herr mit der sadistischen Ader war der Präsident der Vereinigten Staaten. Und der einzige Zeuge, der auch noch das einzige Beweisstück hat mitgehen lassen, steht nun auf der Abschußliste der Polizei, des Secret Service und eines Profikillers.

Clint Eastwoods Action-Thriller „Absolute Power“ gehört zu der immer größeren Anzahl von Filmen, in denen sich das Unbehagen der Amerikaner gegenüber ihren Institutionen (Regierung, CIA, Justiz, Gesundheitsbehörde) zu spiegeln scheint. Der Präsident (Gene Hackman) wird hier als perverser Heuchler, seine Stabschefin (Judy Davis) als keifende Intrigantin und einer seiner Sicherheitsoffiziere (Dennis Haysbert) als eiskalter Killer entlarvt. Auf der Seite der Guten stehen neben dem Gentleman-Verbrecher Luther allenfalls noch seine Tochter Kate (Laura Linney), die für die Staatsanwaltschaft arbeitet, und der Polizeidetektiv Seth Frank (Ed Harris), der mehr seinem Instinkt als dem Anschein der Fakten vertraut. „Absolute Power“ schürt das Mißtrauen gegen die Mächtigen und singt, wie alle Eastwood-Filme, das Loblied auf den integeren Einzelgänger, der hier zur Abwechslung einmal auf der anderen Seite des Gesetzes steht.

Das Drehbuch von Profi William Goldman („Die Unbestechlichen“, „Misery“) entwickelt aus der etwas hanebüchenen Ausgangssituation ein aufregendes Katz- und Maus-Spiel auf mehreren Ebenen, das dem ausgezeichneten Ensemble eine Reihe von starken Konfrontations-Szenen ermöglicht, deren Intensität erst im letzten Viertel des Films etwas nachläßt. Regisseur und Produzent Eastwood verzichtet auf inszenatorische Mätzchen und spektakuläre Effekte und konzentriert sich stattdessen auf seine Charaktere und einen soliden Spannungsbogen. Das wirkt erfrischend altmodisch und ist ein Glücksfall im Action-Kino der Neunziger. afra

  Kritik aus den

Den Sockel fürs Denkmal hat Clint Eastwood schon mal aufgestellt. Seine Bewunderer sollen sehen, wie er in Altersrollen noch mehr Charakter gewinnt und kritisch jene Gesellschaft überprüft, die ihn groß gemacht hat. Keiner kann ihm mehr dreinreden, er hat die absolute Macht, das Geld und das Ansehen, die eigenen Filme so zu drehen, wie es ihm gefällt. Nun also der Meisterdieb in vielen Verkleidungen. Da sitzt er mit Brille und Schiebermütze im Museum und schraffiert Zeichnungen. Ein älterer Herr, der schon noch zeigen wird, wer hier der Star ist und in welchen Varianten er sich selbst inszeniert.

Ein Krimi ist verlockend. Es geht darin sehr gepflegt und altmodisch zu, Eastwood als hochspezialisierter Safeknacker führt Regie in eigener Person. Lange kann man zuschauen, wie er ein kompliziertes Sicherheitssystem abschaltet und dann kostbares Glitzerzeug abräumt. Kleiner Grundstock für die Rente, sozusagen. Eine Verbrecher-Biographie kreuzt sich mitten in Washington aber unweigerlich mit der Politik. Luther, der einsame Wolf, wird Zeuge einer unschicklichen Ermordung.

Damit leitet Eastwood über zu einer leicht satirischen Form von Gegenwartsbewältigung. Das Weiße Haus, der Präsident persönlich ist involviert. Er wollte mit der betrunkenen Gattin seines alten Freundes ins Bett, wobei die lüsterne Dame vom Secret Service umgebracht wird. Souverän bleibt nur der gefährdete Luther, von Eastwood mit allen Insignien des Stoikers ausgestattet. Im Oval Office hinterläßt er schlaue Botschaften und beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel, das er nach allen Regeln des Systems nicht gewinnen kann.

Doch wir sind im Kino und beobachten die Identifikation eines ehrenwerten Mannes. So lange der Regisseur augenzwinkernd und etwas boshaft das Innenleben der Macht ausleuchtet, hat er Oberhand. Gene Hackman ist der unverwüstlich geniale Schurke auf dem politischen Parkett, Ed Harris einmal ein engagierter und keineswegs böser Cop. Es spielt die Elite, und sie spielt gekonnt. Doch dann wagt sich Eastwood nicht an den Rest Zynismus, der die Geschichte glaubhaft abschließt.

Wenn die Familiensentimentalitäten losgehen (alter Dieb liebt die entfremdete Tochter), tritt sich Hollywoods Credo von der besseren Welt fest. Es gibt ernsthafte moralische Entrüstungen, und der Vertuschungsapparat im Weißen Haus bricht zusammen. Dann nämlich, als der schwerreiche Gatte der Ermordeten den wahren Sachverhalt erkennt und das Fernsehen vermeldet, daß Mr. President aus dem Leben geschieden sei. So etwas hat man noch nie gehört, dafür entschädigt auch die starke Szene nicht, in der der alte E.G. Marshall steifen Schritts über rote Teppiche ins Allerheiligste vordringt.

So nimmt sich der Regisseur Eastwood den Wind aus den Segeln und dem Hauptdarsteller Eastwood die sarkastische Pointe, die nur er sich hätte leisten können. Dem Töchterchen darf sein Luther nach der schleimigen Polit-Affäre zuflüstern, daß alles wieder gut wird. Das glaubt ein skeptisches Publikum heutzutage nicht mehr. INGE RAUH

Zur offiziellen Homepage von Absolute Power (engl.)

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