Nur Robenträger
    Verfehlter Versuch,
    
„Anna Karenina“ erneut
    ins Kino zu bringen

Kritik aus der



Marmor, Gold und Kristall, Samt, Brokat und Spitze: Bernard Roses Neuverfilmes von Tolstojs „Anna Karenina“ ist opulentes Ausstattungskino. Aber kaum mehr. Die Geschichte einer Leidenschaft außerhalb der gesellschaftlichen Konvertionen, von der ersten Begegnung der schönen, verheirateten Anna (Sophie Marceau) und des schneidigen Offiziers Graf Vronskij (Sean Bean) auf dem Moskauer Bahnhof bis zum Todessprung der verzweifelten Frau vor die Räder eines Eisenbahnwagens, gehört zu den größten Liebesromanen der Weltliteratur. Eine definitive Adaption hat Hollywood-Regisseur Clarence Brown bereits 1935 mit Greta Garbo und Frederic March auf die Leinwand gebracht. Wozu also diese Neuverfilmung, die nichts Neues oder Besseres anzubieten hat?

Hier werden die Leidenschaften behauptet, anstatt von den beiden blassen, viel zu oberflächlich agieren den Hauptdarstellern vermittelt. Kein pathetisches Klischee wird ausgelassen, penetrante Schwülstigkeit verdirbt selbst die Szenen, die sich am engsten an die Vorlage halten. Dabei kaschiert der plumpe Einsatz einer Erzählerstimme aus dem Off nur mühselig das Unvermögen des Regisseurs und Drehbuchautors Rose („Chicago Joe und das Showgirl“, „Candymans Fluch“), prägnante Bilder und Stimmungen zu erschaffen. Allein die Nebenrollen – Alfred Molina als Konstantin und Mia Kirsher als Kitty in einer positiven, zu breit ausgewalzten Parallel- und Gegenhandlung – gewinnen etwas an Profil.

Die Welle an Literaturverfilmungen, die zur Zeit über uns hereinbrechen, kommt ebenso überraschend wie erwünscht. Neben einigen herausragenden Adaptionen produziert sie aber leider auch Ausschußware. „Anna Karenina“ gehört zweifellos dazu. afra

  Kritik aus den

Die Anna Karenina wird weniger am Ideal Tolstois als an der Erscheinung der Garbo gemessen. Wer die Ikonen des Kinos von ihrem Platz nimmt, wird sich den Ersatz sorgfältig aussuchen müssen. Nun blickt die Französin Sophie Marceau mit ihren Kinderkulleraugen unterm Hütchen hervor, den Schmollmund fest verschlossen. So begegnet sie Wronsky auf dem Bahnsteig, er ein schneidiger Kerl, garantiert ohne Geheimnis. Es ist ein bißchen wie bei Sissi und dem Kaiser.

Die Produzenten dieser aalglatten, teuren und protzigen Romanverfilmung werden auf den Bonus Literatur gesetzt haben. Das kommt augenblicklich an und animiert die Kostümdesigner zu immer noch prächtigeren Ausstattungen. Der englische Regisseur Bernard Rose muß direkt in die Eremitage vorgedrungen sein, um seine Ballszenen im erlesensten Dekor zu drehen. Zaristische Dekadenz beim jour fix samt einer Gesellschaft der Robenträger, obwohl beim Schriftsteller auch ein paar Ideenträger vorkommen.

Den Konstantin Lewin (Alfred Molina) hat der Regisseur hergerichtet wie einen jüngeren Tolstoi aus der Figurinenmappe. Dieser Landedelmann eröffnet den Reigen mit einem Schlittschuh-Intermezzo, das auf Anhieb verrät, daß hier die Kulisse entscheidender sein wird als jedes Liebesdrama. Späterhin treiben bei passender Gelegenheit die Eisschollen auf der Newa, die Sommerresidenz der Katharina spiegelt sich im Wasser und die architektonischen Kleinodien St. Petersburgs glänzen bei jedem Kameraschwenk.

Schauplätze für eine Parallelhandlung, die unermüdlich illustriert wird. Die verheiratete Karenina ist ein verkleidetes Nymphchen, das sich in verzehrender Leidenschaft dem Grafen opfert. Wronsky, dargestellt vom penibel gescheitelten Sean Bean, läßt als Offizier nicht die geringste Regung zu. Das Unglückspaar wird kontrastiert von Lewin und seiner Gefährtin Kitty (Mia Kirshner), beide bei Tolstoi ein Paradebeispiel für den bedächtigeren Umgang mit der Emotion.

Solche Kitschfassungen mit gewagten Großaufnahmen von leeren Gesichtern hätte man nach den jüngsten gelungenen Buch-Adaptionen kaum mehr für möglich gehalten. (CineCitta Nürnberg). I.R.

Zur offiziellen Homepage von ANNA KARENINA (engl.)

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