Rassistische  Ekelpakete

Kritik aus der

Man sollte immer vorsichtig sein, wenn ein Film aus der Traumfabrik Hollywood uns im Vorspann versichert, beim Folgenden handle es sich um eine wahre Geschichte, wie es auch Rob Reiners „Das Attentat“ tut. Immerhin dient als Vorlage für das Drehbuch der authentische Fall des schwarzen Bürgerrechtlers Medgar Evers, der in der Nacht zum 12. Juni 1963 in Jackson, Mississippi, vor seinem Haus von dem Ku-Klux-Klan-Mitglied Byron De la Beckwith erschossen wurde. Trotz erdrückender Beweise wurde De la Beckwith von zwölf weißen Geschworenen zweimal nicht verurteilt (die Jury fällte jeweils keinen Urteilsspruch) und der Gouverneur von Mississippi schüttelte dem Rassisten noch im Gerichssaal die Hand.

Rob Reiner erzählt vor diesem düsteren Hintergrund aber nur die rührselige und politisch übermäßig korrekte Story des jungen weißen Staatsanwalts Bobby DeLaughter (Alec Baldwin), der nach 25 Jahren die Wiederaufnahme des Verfahrens erzwingt. Zwar stimmen auch hier die Fakten und der Name der Person, ansonsten aber interessiert sich „Das Attentat“ nur für die Wandlungen und inneren Qualen DeLaughters, der der Schwiegersohn des damaligen Richters ist und der sich nun langsam aus dem rassistisch gefärbten Milieu der weißen Oberschicht löst, bis er sich in gewohnter Einzelkämpfermanier zum Showdown eines Gerichtsdramas vorarbeitet, wo er in aufsehenerregenden Verhören und Plädoyers die Ehre der amerikanischen Justiz rettet.

Während in Baldwins Rolle wenigstens soviel Platz ist, daß DeLaughter ansatzweise als Persönlichkeit zu erkennen ist, gibt James Woods den Attentäter De La Beckwith nur als plattes, gehässiges Ekelpaket, das sowieso niemand leiden kann. Whoopi Goldberg als Myrlie Evers, die Ehefrau des Bürgerrechtlers, darf ein paar Mal theatralisch Tränen vergießen und wird ansonsten auf eine Nebenrolle am Telefon reduziert. Das ist schon infam, weil der Film dadurch verschweigt, daß es Evers' Familie war, die in langen Jahren mühsam auf eine Wiederaufnahme des Mordprozesses hingearbeitet hat. Damit drängt ausgerechnet ein Film, der den Rassismus der Südstaaten kritisieren will, die Schwarzen in die Rolle von Statisten.

Statt dessen wird dem Publikum ein Staats- und Staranwalt präsentiert, der einerseits unermüdlich grübelt und andererseits ständig pathetische Sätze über die Gerechtigkeit sagt. DeLaughter arbeitet sich an den Versatzstücken des Genres ab, überklettert die Mauer des Schweigens, findet eine Mitstreiterin und Geliebte (Susanna Thompson als Peggy) und fügt nach ermüdenden Fahrten durch das Mississippi-Delta endlich das dreißig Jahre alte Puzzle zusammen. Das Ergebnis ist ein hübsches Sittenbild der guten Menschen von Jackson, die nach dem verspäteten Schuldspruch auf den Straßen jubeln. Mit der Behauptung, hier handele es sich um eine wahre Geschichte, möge uns Rob Reiners Betroffenheitspastille aber bitte verschonen. Ihre Zutaten sind allesamt künstlich und stammen aus einem mäßigen Hollywood-Rezeptbuch. th

  Kritik aus den

Rob Reiner, der Regisseur spannender, intelligenter Filme wie „Stand By Me“ und „Misery“, war bei der Auswahl seines neuen Stoffes schlecht beraten. Aus der Story von „Das Attentat“ (alle Foto: Conocorde) läßt sich eben kaum mehr als ehrenwertes und gefühlsinniges (und penetrantes) Gesinnungskino herausdestillieren. Es ist schon so: Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut.

Die Vorgeschichte ereignet sich zu Beginn der 60er Jahre in Mississippi, einem Staat, in dem die weiße Bevölkerung die Rassentrennung mit Zähnen und Klauen verteidigt. Auf offener Straße wird der farbige Bürgerrechtler Evers niedergeschossen, und obowhl niemand daran zweifelt, daß ein selbstherrlicher Ku-Klux-Klan-Kotzbrocken der Täter ist, kommt es in zwei Verhandlungen zu keiner Verurteilung.

Evers' Witwe (Whoopi Goldberg) aber hat selbst nach 25 Jahren nicht die Hoffnung verloren, daß der Mörder (King of overacting: James Woods) doch noch zur Rechenschaft gezogen wird. Da trifft es sich, daß ein – weder vor beruflichen noch familiären Sanktionen zurückschreckender – Staatsanwalt (Alec Baldwin) die Wiederaufnahme des Verfahrens ins kühne Juristenauge faßt.

Obwohl sein Chef mäkelt und die Ehefrau ihn verläßt, sucht er hartnäckig nach Lügen in Aussagen der Entlastungszeugen und stöbert nach geflissentlich übersehenen Beweisen. Der Plot, mehr Drama als Spannungskino, ist jedoch so absehbar konstruiert und dermaßen anbiedernd politisch korrekt, daß man, als der neue Prozeß endgültig über die Bühne geht, bereits das Interesse verloren hat. Überraschend sind lediglich die Verrenkungen, um Whoopi Goldbergs Part zu einer Hauptrolle aufzublähen.

Das Plädoyer des tapferen, furchtlosen Anklagevertreters klingt erwartungsgemäß dann auch so, als habe es Martin Luther King verfaßt. Die Zeichnung des Typenpersonals, themengerecht in Schwarz und Weiß, ist fast schon waffenscheinpflichtig. Ab heute hat jeder die Möglichkeit, das Funktionieren des US-Rechtssytems und den Triumph moralischer Integrität im Kino mitzufeiern. mime

Zur offiziellen Homepage von DAS ATTENTAT (engl.)

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