Gelungenes Regiedebüt: Grimmiger Thriller "Bound - Gefesselt"
Zwei Frauen räumen ab

Eine fatale Situation, die sicher jeder einmal erlebt hat: Besuch schneit herein, dabei sieht die Wohnung aus wie ein Saustall. Was aber tun, wenn gar drei Leichen in der guten Stube liegen, das Parkett eine rötliche Färbung annimmt und die Polizei nach dem Rechten sehen will? Dann treten selbst beim größten Pascha ungeahnte Expreßputz- und Hausmannqualitäten zu Tage.

Schuld daran sind Violet (Unser Bild: Jennifer Tilly), von der Synchronisation mit einer Fiepsstimme geschlagen und Corky (ebenfalls im Bild: Gina Gershon). Die praktische Corky hat schon ein paar krumme Dinger gedreht, Violet bewegt sich als Vorzeigedame in höheren und kriminell besser organisierten Kreisen. Beide finden erotischen Gefallen aneinander, die Männer überflüssig und höhere Einkommen erstrebenswert.

Na fein. In den ersten zwanzig Minuten wirkt "Bound", das Debüt der Brüder Larry und Andy Wachowski, wie ein weiterer Erotikthriller von der Stange, diesmal mit lesbischem Zuschnitt. Doch sobald der große Coup winkt, entfaltet das Debüt seine wahren Qualitäten. Violets Herr und Meister Ceasar (Joe Pantoliano) erwartet hohen Besuch: Der Mafiaboß höchstpersönlich will die veruntreute und von Ceasar wiederbeschaffte Summe von zwei Millionen Dollar in Empfang nehmen. Das Geld im richtigen Moment zu stibitzen und den Koffer mit Ballast zu füllen, ist relativ einfach. Kompliziert wird es erst, wenn die Dinge sich anders entwickeln, als vorausberechnet . . .

Die größte Herausforderung an Thriller - die freiwillige Beschränkung auf einen Ort und einen begrenzten Zeitraum - ist seit Hitchcock selig ein Wagnis, das selten gelingt; heutzutage eine Tugend, die im Lärm actionüberfrachteter Räuberpistolen unterzugehen droht. Umso erfreulicher, wenn es klappt - und das auch noch mit der Nonchalance von Routiniers. Denn die Herren Debütanten sind in Wahrheit als Drehbuchautoren seit Jahren im Filmgeschäft. Und Larry und Andy Wachowski verstehen es, eine verzwickte Situation auszureizen, nur um dann durch überraschende (aber logische) Wendungen die prekäre Lage noch weiter zu verschärfen.

Auch wenn sich bei einigen unvermeidlichen Situationen eine gewisse Effekthascherei bemerkbar macht (Blut wirkt erst auf weißer Farbe richtig rot und in Zeitlupe stirbt es sich nochmal so schön) - "Bound" ist seit den "üblichen Verdächtigungen" das durchdachteste, grimmigste und vergnüglichste Gangsterstück des Jahres.  Reika

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