"Box of Moonlight", eine Parabel von Tom DiCillo
Der Fernseher im Gehölz

Der Elektronik-Ingenieur Al Fountain (John Turturro) hat alles, was er braucht: eine geregelte Arbeit, Familie, und ein austauschbares Eigenheim in einem Vorort Chicagos. Trotzdem fühlt er sich unwohl. Seine Arbeiter mögen ihn nicht, seine Familie redet an ihm vorbei, und in letzter Zeit plagen Al Halluzinationen: Die Dinge bewegen sich rückwärts. Als Al einige freie Tage nutzt, um die Reviere seiner Kindheit in Tennessee zu durchstreifen, begegnet er dem jungen Aussteiger Kid (Sam Rockwell). Der lebt mitten im Wald in einem durchgesägten Wohnmobil, zahlt keine Steuern, klaut Gartenzwerge und läuft im Lederstrumpfkostüm herum.

Aha, denkt sich der Zuschauer, wir sind in einem dieser gelackten "Yuppie trifft Naturbursch" - Filme; erst verstehen sie sich nicht, dann werden sie Blutsbrüder und am Ende sind beide geläutert. Nun, teilweise bestätigen sich die Vorbehalte, doch der Kitsch bleibt außen vor. Denn Regisseur Tom DiCillo gehört nicht zu denen, die die Erwartungshaltung ihres Publikums bedienen. Der Funke des freien, anarchischen Lebens will nicht überspringen und der Zuschauer muß feststellen, daß auch DiCillo dem Hinterwäldler-Dasein mißtraut. Auch in der freien Natur schwimmen Chemikalien im See, zetteln Raufbolde Schlägereien an, erweisen sich brave Prediger als Psychopathen, ist selbst Kid nicht frei von Paranoia und kann selbst im Unterholz nicht vom Fernseher lassen.

Wie die Sache ausgeht, kann man sich denken: Al gelobt Besserung, doch Kid bleibt unverändert; letztlich ist er in seiner Pubertät stehengeblieben und sein selbstgewähltes Dasein kann Kid nur deshalb in vollen Zügen genießen, weil er sich keiner Verantwortung (auch sich selbst gegenüber) bewußt ist. Und Al muß erkennen, daß es für ihn kein Zurück mehr in die Zeit der Verantwortungslosigkeit gibt - DiCillo fängt diese Erkenntnis sehr schön ein mit der titelgebenden Schatulle voll Mondlicht, die man nicht öffnen sollte.   Reika

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