Massenmörder
lassen's krachen

Actionstreifen „Con Air“: Niveaulose Kost fürs Popkornkino –
Brutale Killer als neue amerikanische Leinwandidole

Interview mit Hollywood-Star Nicolas Cage zu seiner Rolle in „Con Air“
Romantiker im
harten Action-Film

Seit „Wild At Heart“, spätestens aber seit „Leaving Las Vegas“ gilt der 33jährige Nicolas Cage – übrigens ein Neffe von Francis Ford Coppola – als vielschichtiges Talent der jüngeren Schauspielergeneration in Hollywood. Bislang eher mit psychologisch subtilen Rollen aufgefallen, wagt sich Cage jetzt auch ins harte Action-Genre. Unser Mitarbeiter Marcus Rothe sprach mit Cage, der demnächst auch eine Hauptrolle im Hollywood-Remake des Wim-Wenders-Films „Der Himmel über Berlin“ spielen soll.

NZ: Wie kommt es, daß Sie sich jetzt für einen Action-Film hergeben?

Nicolas Cage: Nun – das habe ich seit 15 Jahren nicht gemacht – mit Ausnahme von „The Rock“ und für mich ist es die Möglichkeit, mit einem anderen Genre zu experimentieren und meine Arbeit einem größeren Publikum zu zeigen.

Mögen Sie besonders Rollen mit viel Körpereinsatz?

Ich versuche meine Rolle in allen Lebenslagen darzustellen, das bedeutet oft auch, daß mein Körper sich ihm anpaßt – um zu zeigen, daß dieser Mann ein harter Alkoholiker oder jemand ist, der acht Jahre Gefängnis überlebt hat.

Wie bereiten sie sich auf die Rolle eines Alkoholikers in Leaving Las Vegas oder den Ex-Häftling in Con Air vor. Mit Alkohol und viel Muskeltraining?

Ich würde jedem abraten, sich auf die Rolle eines Alkoholikers durch wildes Saufen vorzubereiten – das ist einfach zu gefährlich und bei einem so kleinen, schnell gedrehten Film wie Leaving Las Vegas völlig unverantwortlich. Zum Glück gibt es andere Wege, das Gespür für die Innenwelten solcher Figuren zu bekommen: zum Beispiel junk food zu essen! Bei Con Air mußte ich mich der Rolle äußerlich anpassen: also bin ich jeden Tag sechs Meilen gerannt und habe ein paar Stunden lang Gewichte gestemmt, um mehr körperliche Manövriermasse zu bekommen. Meiner Figur sollte man zutrauen, daß sie einige Extremsituationen überleben könnte.

Hat Ihnen an Ihrer Heldenrolle das Romantische gefallen?

Con Air ist für einen Action-Film erstaunlich romantisch. Meine Figur will eigentlich nichts anderes, als nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis so schnell wie möglich zu seiner Frau und seinem Kind zurückzukehren. Da er dabei auf eine Menge Hindernisse trifft, wird seine Rückkehr zur reinsten Odyssee. Der Stoffhase, den er bis ans Ziel bringen will, ist ein Symbol für seine Feinfühligkeit und romantische Ader, aber auch gleichzeitig ein absurder Kontrast zu seinem Image als Action-Held.

Versuchen Sie immer noch, Ihr Image vom wilden Mann zu pflegen oder bahnen sich andere Wege an?

Als ich mit 17 Jahren mit dem Schauspielen anfing, wollte ich unbedingt wild und gefährlich wirken. Inzwischen bin ich zwar nicht zum sanften Teddy geworden, aber ich versuche, meine Wildheit jetzt eher in die Rollen zu stecken, als in mein Privatleben. Früher machte ich fast keinen Unterschied zwischen den Filmen und meinem Leben: Ich habe eben verrückte Sachen gemacht, wie jeder Teenager, der es der Welt beweisen will.

Haben Sie früher gerne Ihre Starvorbilder imitiert?

Ich habe versucht, aus anderen Filmen zu lernen, aber in Wild at heart habe ich zum einzigen Mal das Image eines Idols, Elvis Presley, haarklein kopiert und mir angeeignet. Ich habe nicht von Stars wie Brando oder de Niro gelernt, indem ich sie imitierte, sondern indem ich nach dem Wesentlichen ihrer Technik suchte und mich fragte, wie sie diese oder jene Szene gespielt hätten.

Wie hat sich Ihr Familienleben (mit Patricia Arqette und zwei Kindern) auf Ihre Rollen ausgewirkt?

Ich habe nicht das Bedürfnis, mein Privatleben in die Filme zu tragen. Wenn ich am Ende des Tages nach Hause komme, kann ich die Arbeit ganz vergessen. Das macht glücklich!

Männer, wie die Armee die braucht: Nicholas Cage in „Con Air“. Foto: Buena Vista

  Kritik aus den

Die tauglichen Feindbilder sind aufgebraucht, immer verzweifelter suchen Amerikas Mainstream-Filmemacher nach publikumswirksamen Bösewichtern. Was tun? Zum Beispiel die versammelte US-Schwerverbrecher-Elite in einen Flieger packen und das Ding entführen lassen. Dazu an Bord ein nach Volksempfinden unschuldig verurteilter Ex-Elitesoldat und das obligatorisch streitende Polizistenduo als Bodenpersonal. „Con Air“, schon vorab zum Action-Blockbuster des Sommers deklariert, bemüht sich nicht mal ansatzweise um so etwas wie Niveau.

Da ist es interessant, im Presseheft zu lesen, welch anspruchsvolle Botschaften Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer („Top Gun“, „The Rock“) und der britische Regisseur Simon West in ihren Actionstreifen hineininterpretieren. Von „Erlösung“ ist da die Rede, der „Verantwortung eines Mannes gegenüber seinen Lieben“, die „zu einem Gewissenskonflikt führt“. Was für ein Schwachsinn!

„Con Air“ ist ein Film, bei dem es auf der Leinwand ordentlich krachen soll, und das tut es. Action satt – wobei sich dem rasenden Tempo und den schnellen Schnitten nicht nur Logik und Rahmenhandlung, sondern auch Schauspieler (Nicolas Cage, John Malkovich) und Dialoge bedingungslos unterordnen. Handwerklich perfekt in Szene gesetzt, trifft das Machwerk mit seiner sattsam bekannten Melange aus Gewalt, Mitleid, Klischees, Machtspielchen und dummdreisten Sprüchen den Nerv der Popkornkino-Zielgruppe. „Con Air“ will unterhalten, und das gelingt.

Heikel ist dabei freilich nicht nur die vieldiskutierte Darstellung von filmischer Gewalt, sondern der immer beliebter werdende Kult um Massenmörder auf der Leinwand. Die größte Bestie bekommt bei „Con Air“ Szenenapplaus. Der triebhafte Psychopath als neues Idol – Charles-Manson- und Hannibal-Lector-T-Shirts als Merchandiseartikel beweisen, daß auch dieser Zug längst abgefahren ist. STEFAN GNAD

Nicolas Cage in Con Air
John Malkovich in Con Air

Szenenfotos aus dem Actionfilm „Con Air“. Nicolas Cage (oben) und John Malkovich   F.: Buena Vista

Zur offiziellen Homepage von CON AIR (engl.)

Informationen zu Anfangszeiten in den Kinos

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