Madonna als singende Erlöserin in

Tanz auf dem Sektkorken

Mit dem Tod fängt alles an und die von Schmerz erstarrten Gesichter der Statisten zeigen es an, hier wird bedeutsam gestorben. In einer Mischung aus Militärparade und Prozession zieht das Volk in Strömen zur Kathedrale. Dort liegt der Leichnam von Eva Maria Duarte de Perón, aufgebahrt in einem Glassarkophag gleich Schneewittchen. Und der Erzähler Ché (auf unserem Foto Antonio Banderas) verkündet: "Oh what a circus, what a show".

Damit kann das Märchen vom Aufstieg der armen Halbwaisen vom Lande beginnen: Erst als schwarzhaarige Eva Duarte, die von Bett zu Bett hüpft und Männer als Sprungfedern für ihre Karriere ausnützt. Dann als blonder Radiostar und Evita, die den aufstrebenden Oberst Juan Perón (Jonathan Pryce) erobert. Dieser ist von Mussolini begeistert und verkündet in weißer Uniform gleich einem Kapitän die Zukunft des von ihm beschworenen Traumschiffes "Argentina".

Aber Alan Parkers "Evita" ist weit davon entfernt, auch nur der Versuch eines geschichtlichen Porträts zu sein. Denn der ehemalige Werbefilmer mit Hang zur Musik ("The Wall") hält sich bei seiner Adaption ganz an die Musical-Vorlage von Andrew Loyd Webbers "Evita". Ohne Dialoge schildert er die Geschichte in gesungenen Bildern, die er in schnellen Schnitten wie in einem Musikvideo aneinanderreiht. Über die Grenze des Erträglichen hinaus pumpt er diese mit großen Gesten und Gefühlen voll. Und im Spotlicht des Glanzes dreht sich immer wieder seine mit Juwelen behängte Hauptfigur Eva Perón.

Wer anderes könnte diesen Tango auf dem Champagnerglas vollendeter tanzen als Pop-Ikone Madonna (auf unserem Foto während der Dreharbeiten in Buenos Aires). Auch sie ist Halbwaise, mußte sich mühsam vom leicht bekleideten Fotomodell hocharbeiten, auch ihr Leben ist mehr Schein als Sein. Intensiv habe sie sich mit der Rolle beschäftigt, bis sie mit Eva Perón verschmolzen sei. Doch in "Evita" macht das "Material Girl" kaum anderes als in ihren Videoclips: schön singen und schön aussehen.

Sicherlich erzählt "Evita" auch von den Erniedrigungen und Triumphen einer willensstarken Frau. Doch bei Alan Parker ist alles nur Etikette und Attribut. All die Walzer und Kronleuchter, die Aufmärsche, Paraden und begeisterten Volksmassen dienen den Mechanismen der inszenierten Herrschaft eines totalitären Systems. Hier gerinnt selbst Peróns Ausziehen seines Sakkos zum statischen Sinnbild für Volksverbundenheit. An der Seite des diktatorischen Führers der Besitzlosen fungiert Evita als geschminkter Wohlfahrtsengel, den die Massen verehren. Eine in Dior-Kleidern gehüllte "Erlöserin" für das darbende Volk.

Sie stirb in diesem musikalischen Mischspiel natürlich standesgemäß, das heißt im singenden Schmerz, bereit für die Wiedergeburt als Mythos. Mit dem letzen Klanghauch gehen dann auch tatsächlich die Lichter aus, während sich sogar der Himmel in Tränen ergißt. Operette sich, wer kann.
paul

Links für Leute, die von Madonna einfach nie genug kriegen können:
Die Evita-Homepage
Der Madonna-Fanclub
Ein Madonna-Anbeter mit vielen Links zu anderen Verehrern
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