Einsame Jägerin im ewigen Eis
"Fräulein Smillas Gespür für Schnee"
Bille August gelingt ein starker Thriller

Die Eiswüste Grönlands, meterhohe Gletscher, unberührte Natur. Inmitten dieser Einsamkeit ein Eskimo: Bewegungslos steht er da, über ein Loch gebeugt, den Speer in der Hand und wartet auf den richtigen Moment, um eine Robbe zu erlegen. Plötzlich eine riesige Explosion, und der Mann wird unter den Eismassen begraben. Viele Jahre später stürzt ein kleiner Junge von einem Mietshaus in Kopenhagen und ist tot.

Auf den ersten Blick haben die beiden Ereignisse nichts gemein. "Wer einen Menschen tötet, der verletzt seine Seele", heißt ein Sprichwort der Inuit, der Eskimos in Grönland. Deshalb begibt sich Smilla (Julia Ormond aus "Legenden der Leidenschaft") in dem Film von Bille August, "Fräulein Smillas Gespür für Schnee", nach dem gleichnamigen Bestseller von Peter Høeg auf die Suche nach dem Mörder. Nur so kann dessen Seele Frieden finden. An einen Unfall glaubt Smilla, Gletscherforscherin, die Halb-Inuit und in Grönland aufgewachsen ist, nicht. Der Kleine hatte Höhenangst und wäre freiwillig niemals aufs Dach geklettert. Anonyme Mächte

Bei ihrer Suche stößt Smilla auf dubiose Expeditionen nach Grönland. Sie, die in ihrer Kindheit Jägerin im Land des ewigen Eises war, wird selbst zur Gejagten und bewegt sich auf sehr dünnem Eis. Smilla wird dabei von anonymen Mächten bedroht. Warum? Und wer steckt alles mit drin: die Polizei, der Gerichtsmediziner, eine Firma für Expeditionen, vielleicht sogar Smillas Nachbar (Gabriel Byrne), mit dem sie eine Affäre hat?

Männer sind in diesem Thriller nur Beiwerk, ebenso die Liebe. Eine Frau kämpft allein. Peter Hoegs Smilla, stur, schroff, einzelgängerisch, auf Sozialhilfe angewiesen und sehr intelligent, war bestens dafür gerüstet, in einer unwirtlichen Umgebung alleine zurechtzukommen. Julia Ormond dagegen hat Designerklamotten und eine gestylte Wohnung. Die Figur ist nicht ganz stimmig.

Ansonsten aber hat Bille August aus diesem 500 Seiten dicken Buch einen starken Film von zwei Stunden gemacht. Selbst die Nebenrollen sind mit renommierten Schauspielern wie Mario Adorf oder Vanessa Redgrave besetzt. Die Atmosphäre ist dicht und so kalt - viele Bilder sind mit Blaufilter aufgenommen - daß es einen fröstelt. Innenaufnahmen, die das Gefühl des Eingesperrtsein Smillas symbolisieren, wechseln mit Fotos von der Weite des Gletschermeeres ab.

Die Geschichte ist aufs Wesentliche reduziert und entwickelt sich geradlinig. Für Smilla wird es eine Reise zu ihren Ursprüngen - geographisch wie im übertragenen Sinn -, und sie findet damit zu neuer Kraft. Der Mörder entpuppt sich als machtbesessener Wissenschaftler, der die Welt beherrschen möchte, und die Frage "Darf sich die Wissenschaft alles erlauben?" steht im Raum. Die Antwort: Nein, bildgewaltig umgesetzt. Die Forschungsstation, Symbol für eine korruptive Zivilisation, fliegt in die Luft.  Fotos: Constantin

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