Rache statt Reinigung vom Teufel
Blutleere Verfilmung von
Arthur Millers "Hexenjagd"
mit Daniel Day-Lewis
und Winona Ryder

Kritik aus der

Der Anlaß ist harmlos, die Folgen sind verheerend. In der puritanischen Siedlung Salem treffen sich 1692 ein paar junge Mädchen nachts heimlich im Wald, tanzen um ein Feuer, frönen ihren pubertären Phantasien, die sie in der strengen Religiosität der Gemeinde nicht ausleben dürfen. Reverend Parris (Bruce Davison/Fotos: Centfox) überrascht sie dabei, seine Tochter Betty (Rachael Bella) fällt vor Schreck in eine tagelange Ohnmacht. Der Teufel sei im Spiel, munkeln bald die Salemer Bürger, die Parris schon länger loswerden wollten. Doch Parris geht in die Offensive: er holt den in übersinnlichen Dingen erfahrenen Reverend Hale (Rob Campbell) in den Ort, ein Verfahren beginnt.

Anstatt den nächtlichen Unfug zuzugeben, erkennt Abigail Williams (Winona Ryder) als erste der Mädchen die Chance: sie gibt zu, verhext worden zu sein, nennt die Namen derer, die mit dem Teufel im Bunde sind, und wird zur Anklägerin. Eröffnet ist die "Hexenjagd", die Nicholas Hytners Film den Namen gab und für den Arthur Miller sein berühmtes Theaterstück zu einem Drehbuch umgearbeitet hat. Doch Abigail treiben niedere Motive. Sie hatte ein kurzes Verhältnis mit dem angesehenen John Proctor (Daniel Day-Lewis, rechts) und will nun dessen Ehefrau Elizabeth (Joan Allen) für immer loswerden. Heuchelei und Doppelmoral sind bei allen Anschuldigungen im Spiel. Sie werden nun vor dem Gericht ausgetragen, das Richter Thomas (Jeffrey Jones) mit eiserner Konsequenz führt.

"Hexenjagd" zeigt in einer dichten Szenenfolge, die von den Schauspielern mit hoher Intensität gestaltet werden, wie scheinbar vernünftige und friedliebende Bürger in den Strudel der Denunziation geraten. Obwohl die Handlung dank perfekter Ausstattung und Maske glaubwürdig ins 17. Jahrhundert verlegt wird, ist die Gefahr von Fundamentalismus und die Neigung der Menschen, sich Sündenböcke zu suchen, so nah wie eh und je.

Miller schrieb sein Stück, das auf einen authentischen Fall an der amerikanischen Ostküste beruht, im Jahr 1953. Der Dramatiker war damals in die Mühlen des McCarthy-Ausschusses geraten, der in der Hysterie des kalten Krieges nach Kommunisten fahndete. Auch dort gab es Hetze und Denunzianten - das lag in der Art der Beweisführung begründet: wer sich bezichtigte, mit den Kommunisten verbündet zu sein und bereit war, die Namen von Komplizen zu nennen, wurde letztlich in Ruhe gelassen; wer sich aber diesem "Angebot" verweigerte, konnte oft einer harten Bestrafung nicht entgehen.

"Hexenjagd" führt diesen verlogenen Mechanismus, dem sich nur John und ein paar andere Aufrechte um den Preis ihres Lebens widersetzen, in mitreißenden Dialogsequenzen und mit emotionsgeladener, teilweise schon pathetischer Theatralik vor. Die geifernden, aufgebrachten Menschen werden gerade deshalb schuldig, weil sie sich für absolut gut halten und statt Selbstkritik zu üben den Teufel erfinden. Das ist nicht von gestern.  th

  Kritik aus den

Die kleine Gemeinde Salem im Massachusettes des Jahres 1692 ist arbeitsam, sittenstreng und gottesfürchtig. Die erwachende Sexualität einer Gruppe junger Mädchen kann sich die puritanische Gemeinde nur als Teufelswerk erklären. Aus persönlichen Rachegefühlen entwickelt sich eine grausame Hexenjagd, der schließlich neunzehn Menschen zum Opfer fallen.

Arthur Miller nutzte den historischen Stoff 1953 für sein Theaterstück "Hexenjagd" - und vor dem Hintergrund des Kalten Krieges gewann die Parabel über Dogmen, Intoleranz und Massenhysterie politische Brisanz. Gemeint waren die antikommmunistischen Hexenjäger des Senators McCarthy in den USA ebenso wie die kommunistischen Hexenprozesse in Sowjetrußland. Schon einmal wurde Millers Stück verfilmt: 1957 schrieb für die französische Produktion Jean-Paul Sartre das Drehbuch, Yves Montand spielte die Hauptrolle.

Prominent besetzt ist auch die neue "Hexenjagd", die Arthur Miller selbst fürs Kino bearbeitet hat. Doch leider ist unter der Regie von Nicholas Hytner aus der zeitlosen Geschichte ein blutleerer Kostümschinken geworden. Gut gemeint und um historische Genauigkeit bemüht, dabei moralisierend, langatmig und in der deutschen Fassung auch lieblos synchronisiert.

Winona Ryder spielt die junge Abigail, die hoffnungslos in den verheirateten Farmer John Proctor verliebt ist. Die kurze, leidenschaftliche Affäre der beiden hat keine Zukunft. Die zurückgewiesene Geliebte reagiert mit Haß und Hysterie - und löst damit in dem bigotten Klima eine Teufelsaustreibung mit tödlichen Folgen aus.

Die eifernde Abigail, die sich vor allem an Johns gefühlskalter Frau (Joan Allen) rächen will, setzt ihre Freundinnen unter Druck: Anschuldigungen und Denunziationen entwickeln eine Eigendynamik, die von Kirche und Justiz kräftig geschürt wird.

Daniel Day-Lewis als John Proctor ist die Lichtgestalt in diesem theatralischen Treiben, das keinerlei Betroffenheit beim Zuschauer auslöst: Der attraktive Landmann wandelt sich (auch äußerlich) im Laufe des Films zum Ersatz-Christus, der um der lieben Wahrheit willen am Ende sein Leben hingibt.

Zweifellos hat Miller recht: Die Hexenjagden gehen weiter, veranstaltet werden sie auch heute noch von religiösen und politischen Fundamentalisten in aller Welt. Für diese Erkenntnis hätte es allerdings den bemühten Kino-Appell nicht unbedingt gebraucht. radl

Weitere Informationen (engl.) zu HEXENJAGD finden Sie hier.

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