Kritik aus der  Natürlich könnte man es sich leichtmachen,
Jahre der Zärtlichkeit als Lichtjahre des
Schmalzes bezeichnen und den Film als weiteren
pathosverseuchten Auswurf der Traumfabrik Holywood abtun.
Man könnte die affektierte Sprache kritisieren, nach der
hysterische amerikanische Mittelschichtsfrauen ständig
ach wie wundervoll und ach wie
schrecklich sagen müssen. Ein polygamer
Ferrari-Fahrer in einer Nebenrolle, der erst
Unterhosen-Dressman und dann Schauspieler werden will,
würde als typisches Beispiel für die Flachheit der
ganzen Geschichte angeführt. Doch das wäre nur die
halbe Wahrheit.
Denn erstens hauchen hervorragende Schauspieler
wie Shirley MacLaine und Jack Nicholson der Familiensaga
frischen Wind ein, und zweitens können auch Filme
klassischer Hollywood-Manier ihr Publikum unterhalten. 14
Jahre nach dem Welterfolg Zeit der
Zärtlichkeit scheint eine in die Jahre
gekommene Shirley MacLaine in der Rolle der Aurora
Greenway zum zweiten Mal aufzugehen. Sie kämpft einen
liebevollen Kleinkrieg mit ihren Enkeln, die sie für
ihre verstorbene Tochter Emma aufgezogen hat. Und sie
fragt sich, was sie nur falsch gemacht hat: Tommy muß
sie im Gefängnis besuchen, Teddy jobbt ambitionslos als
Mechaniker und hat einen aufsässigen unehelichen Sohn,
und Melanie zieht im Streit aus.
Doch dann erlebt die ältere Lady Erstaunliches:
ihr Verhältnis zum jungen Psychiater Jerry Bruckner wird
immer persönlicher. Das läßt sie neu erblühen
bis sie merkt, warum er sie begehrt. Auch Patsy, die
beste Freundin ihrer verstorbenen Tochter, macht ihr das
Leben nicht leicht. Mit Aurora buhlt sie um die Gunst
ihrer Enkel. Schließlich hält erneut der Tod Einzug im
Hause Greenway. Jahre der Zärtlichkeit
besitzt ergreifende Familiendramatik, triefenden
Herzschmerz und überzeugende Darsteller. Es liegt am
Zuschauer, ob er sich darauf einlassen mag. Mehr
oder weniger.
müc
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Kritik aus den  
Jenen mühseligen und beladenen Zeitgenossen, die sich
auf der Suche nach Ablenkung ins Kino schleppen, sticht
vielleicht auch der kryptische und tröstliche
Werbeslogan zu Jahre der Zärtlichkeit ins
Auge: Die schönste Zeit des Lebens vergeht
nie wird einem da verheißen, ein Sinnspruch,
dessen schlichte Schönheit nach der Interpretation
verlangt.
Kann bedeuten, daß der Mensch stets
mit seinen Erinnerungen lebt; oder wahrscheinlicher, daß
man wie im vorliegenden Fall mit einem
bereits einmal erfolgreichen Konzept abermals abkassieren
will. Zeit der Zärtlichkeit hieß einst das
tränennasse Melodram, das mit dem Krebstod der
lebensprallen, rastlosen Aurora Greenway endete.
Inzwischen ist die Zeit auch an ihr nicht spurlos
vorübergegangen, aber Energie und Schlagfertigkeit hat
sie auch im reifen Alter nicht verloren.
Im Rührstück des Regieneulings Robert
Harling wird die springlebendige alte Dame mit etlichen
Widrigkeiten des Seniorendaseins konfrontiert. Sie muß
einer rivalisierenden (und jüngeren) Bekannten die
dritten Zähne zeigen, die Demütigung durch ihren
untreuen (und viel jüngeren) Geliebten wegstecken und
sich mit ihrer nervenden (zwangsläufig ganz jungen)
Enkelin herumärgern. Die reagiert mit panischer Flucht,
als Auroras Geglucke lästiger wird als Herpes auf dem
Abschlußball.
Der Mittsechzigerin bleibt
vorübergehend nur noch das Verständnis ihres Ex-Lovers
(Jack Nicholson), der sich nach Jahren wieder einmal
blicken läßt. Gemeinsam zelebrieren sie am Strand eine
ausgefallene Urnenbestattung für Auroras langjährige
Haushälterin man weiß ja, Beerdigungen bauen
auf. Den Kritiker jedoch nicht, der bei derart
durchkalkuliertem Gefühlskintopp eher einen dicken Hals
als feuchte Augen bekommt.
Lediglich die großartigen
Darstellerleistungen von Miranda Richardson, Ben Johnson
und der umwerfend guten Shirley MacLaine verleihen der
Schmonzette zuweilen Glanz. Dank ihrer Auftritte vergißt
man für einige Szenen, wie man hier verschaukelt wird. mime
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