Anspannung und Abgründe
Mel Gibson im gelungenen Actionthriller "Kopfgeld"

In einem schallisolierten, schmuddeligen Raum liegt er in Handschellen ans Bett gefesselt. Die Augen sind mit Klebeband verbunden und aus dem Radio dröhnt unmelodiöse Heavy-Metal-Musik. Ab und zu sieht sich jemand nach dem Gefangenen um. "Kopfgeld" heißt Ron Howards psychologischer Actionthriller, in dem der Sohn des Fluggesellschaftseigners Tom Mullen (Mel Gibson auf dem Familienfoto in der Mitte) entführt wird.

Zwei Millionen Dollar Lösegeld soll der erfolgreiche Geschäftsmann zahlen. In blinder Sorge, das Leben seines Sprößlings zu retten, will der Vater sofort losstürzen und die Scheine aushändigen. Doch das FBI vermasselt die Übergabe. Entführer, Eltern und die schlauen FBI-Beamten werden nervös. In einem riskanten Alleingang, den alle Seiten mißbilligen, versucht Mullen seinen Sohn zu retten.

Fernab vom üblichen Brutalitätsspektakel, das Actionfans so schätzen, lotet Regisseur Ron Howard die seelischen Abgründe der Menschen in Momenten höchster Anspannung aus. Da zeigt der besorgte FBI-Mann menschliche Züge, das Entführerkollektiv innere Zerstrittenheit, und die Eltern versuchen zwischen Vernunft und Herz einen Weg zu finden, um ihren Jüngsten zurückzuholen. Schonungslos legt dieser Film offen, wie alle Beteiligten ihr Bestes geben, aber an ihrer eigenen Fehlbarkeit scheitern.

Starke Bilder

Auch mit Kritik spart Howard nicht. Seien es die sensationsgierigen Medien, die befehlshörigen FBI-Leute oder der egoistisch handelnde Vater. Doch das Verhalten der einzelnen verharrt nicht in den Hollywood-üblichen Klischees von Gut und Böse. Die Medien werden als Helfer gegen die Machenschaften der Geiselnehmer eingesetzt, das FBI verhindert im großen Finale eine Katastrophe und der Vater macht mit seinem starrsinnigen Vorgehen genau das Richtige, um das Leben seines Kindes zu retten.

Die Stärke dieses Streifens liegt aber nicht nur in den psychologischen Tiefen. Mit dem Einsatz der subjektiven Kameraführung verdeutlicht Howard die Gefühlswelt der Personen. Gepeinigt von der Vorstellung, daß sie ihr Kind nie wieder sehen, torkeln die Eltern durch ihr Appartment, was sich im Wackeln des Bildes auf der Leinwand wiederspiegelt. Die bis zum Schluß aufrechterhaltene Spannung läßt in keiner Minute des zweistündigen Films Langeweile aufkommen. Ein paar raffiniert eingefädelte Wendungen, die aber hier nicht näher erläutert werden sollen, sorgen für stets neuen Zündstoff, der die Handlung dramatisch zuspitzt. So kommen die Freunde des Actionkinos ebenfalls auf ihre Kosten, auch wenn sie auf die sonst übliche Überdosis an Gewalt verzichten müssen.

"Kopfgeld" ist ein vielschichtiger Thriller, der vorwiegend vom überzeugenden Spiel der Darsteller lebt. Ralph Schweinfurth

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