Liaison mit zwei Leichen
In „Lilien in der Bank“ mischen tote Frauen lebendig mit

Kritik aus der

„Zuerst hatte die große amerikanische Verleihfirma Tri-Star Interesse an unserem Film, dann aber wurden die amerikanischen Klischees über die Deutschen und die Figur des alten Nazis nicht erfüllt“, sagt Marianne Rosenbaum bei der Präsentation ihres neuen Films. Und in der Tat verzichteten Rosenbaum und Gerard Samaan in ihrem bereits vor fünf Jahren gedrehten Streifen „Lilien in der Bank“ auf jegliches sogenannte (und deshalb besonders fragwürdige) Allgemeingut.

Bereits bei der Besetzung zeigten sich die beiden Filmemacher, die mit dem international preisgekrönten Film „Peppermint Frieden“ bekannt wurden, recht unkonventionell: Georg Thomalla, der Komödiendarsteller, spielt recht ernsthaft den alternden Versicherungsdirektor Wilhelm im Ruhestand, der sich in seiner Phantasie immer wieder mit seiner verstorbenen Frau (Nina Hagen als schwarzhaarige Zarah-Leander-Imitation) unterhält. Sein zynischer Sohn (der Kabarettist Werner Schneyder als Gernot) hat zwar den ungeliebten Beruf des Vaters übernommen, fühlt sich aber mehr zur Schauspielerei berufen. Sein zehnjähriger Sohn wiederum (Wenzel Brücher als Markus) wünscht sich nichts mehr als seine verstorbene Mutter zurück bzw. eine neue Mutter (Katharina Thalbach in einer Doppelrolle).

Drei Generationen werden hier also miteinander verwoben, und doch stehen die Personen nicht als Repräsentanten eines bestimmten Zeitgeistes, sondern besitzen ihre ganz individuel le Realitätswahrnehmung: Der Alte lebt vornehmlich in der Vergangenheit, der Jüngere in einer als unsicher empfundenen Zukunft und der Kleine als Schnittstelle in beiden Welten.

Leerstellen und Fragezeichen

Die beiden Regisseure spielen mit den verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen, eine klar definierte Wirklichkeit kann es nicht geben. Und schon gar nicht im Kino: Bilder werden aufgebaut und in der nächsten Szene, aus der Perspektive einer anderen Figur wieder demontiert, Realität mischt sich mit Illusion, und die leblosen Gestalten werden für die Träumer zu nackten Tatsachen. Trotz dieses surrealistischen Aufbaus durchlaufen die drei Figuren eine erkennbare Entwicklung, wenn auch nicht auf geradem Weg, sondern gebrochen und bruchstückhaft: mit Leerstellen und Fragezeichen.

Mit einem Ausrufezeichen hingegen versehen die Filmemacher die politisch korrekte und leider überspannte Botschaft: In einer Welt voller Umweltverschmutzung, tödlicher Krankheiten und Atomkraftwerken glauben 70 Prozent der Menschen nicht an die Zukunft, wie Werner Schneyder zynisch an einer Stelle sagt. Marianne Rosenbaum und Gerard Samaan glauben in ihrem Film noch daran – und zwar an eine bessere Zukunft. sc

  Kritik aus den


Was macht das Geld nachts in der Bank, wenn es sich vermehrt? „Es fickt“, sagt der Regisseur. „Es macht, was wir wollen, daß es macht“, philosphiert die tote Mutter. „Geld muß sich in Liebe und nicht in Planetenzerstörung verwandeln“, fordert die Drehbuchautorin. Ein seltsamer Film, den Marianne Rosenbaum („Peppermint Frieden“) und Gérard Samaan über fünf Jahre nach Drehschluß in die Kinos bringen.

„Lilien in der Bank“ ist eine Collage aus Selbstgesprächen, Rückblenden, Sehnsüchten, Träumen und Rätseln dreier Männer aus drei Generationen: Vater, Großvater, Enkel. Bewußt haben die Filmemacher jegliches Tempo aus der Inszenierung genommen, um mit der Kamera in diese drei Hauptpersonen hineinzublicken. Das Ergebnis ist gehaltvoll: Der Zuschauer wird gefordert, muß seine eigenen Assoziationen spielen lassen, um die Handlung greifen zu können. Trotzdem bleibt der Film seltsam kalt, berührt nicht.

Viele bekannte Künstler aus allen Ecken des Lebens tauchen in „Lilien in der Bank“ auf und werden von den Filmemachern bewußt aus ihren typischen Schubladen gezerrt: Georg Thomalla, Nina Hagen, Konstantin Wecker, Haindling.

Der übermächtige Gedanke, etwas verändern zu wollen auf diesem Planeten, ist für das rührige Autorenteam auch bei „Lilien in der Bank“ längst zu einem Kampf gegen Windmühlen geworden. Es fehlt das Geld für einen knackigen Werbetrailer, der US-Vertrieb klinkte sich aus, weil die Figur des Großvaters nicht dem US-Klischee eines alten Deutschen entspricht. „Dabei“, sagt Marianne Rosenbaum, „können wir uns doch an jedem Tag, den wir im Leben haben, ändern.“ (Filmhaus Nürnberg - (Filmhauskino im CINECITTA; das Filmhauskino bietet auch vormittags Vorstellungen für Schulklassen an.) GNAD

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