Der Engel,
der raucht
Himmlische Filmkomödie: „Michael“

Kritik aus der

In Amerika sind die Wege so weit, die Straßen so lang, daß eine einzige Reise einen Menschen verändern kann. Zumindest im Kino, wo auch noch andere Hilfsmittel zur Verfügung stehen, um den Saulus zum Paulus zu machen. So holt Nora Ephron in ihrem neuesten Film „Michael“ den gleichnamigen Erzengel auf die Erde nach Iowa, wo er in der Hülle von John Travolta steckt.

Von einem Provinznest wollen ihn die Klatschjournalisten Frank Quinlan (William Hurt), Huey Driscoll (Robert Pastorelli) und die vom Verleger mitgeschickte Aufpasserin Dorothy Winters (Andie MacDowell) nach Chicago in die Redaktion des Sensationsblattes „National Mirror“ bringen, um die Engels-Story, von der sie per Leserbrief erfahren haben, exklusiv zu verbraten. Weil Michaels Engelsflügel zu sperrig sind, passen sie in kein Passagierflugzeug und das Quartett muß die Reise im Auto treten. Doch, oh hohe, undurchschaubare Macht des Himmels: Gerade dies kommt Michaels Auftrag auf Erden entgegen, soll er doch den verhärteten Quinlan wieder zum guten Menschen machen.

Reizvoll an „Michael“ ist zweifelsohne, daß er das klassische Klischee vom Engel konterkariert und John Travolta ihn als rauchendes, verkatertes und genußsüchtiges Wesen mit lakonischem Humor spielt. Jedoch folgen die Ereignisse, die im Roadmovie nun mal so passieren (Liebe, Schlägereien, Aussprachen etc.) einer schematischen Hauruck-Dramaturgie, die von innen unbelebt bleibt. Mit dreimonatiger Verspätung wirkt die winterlich verkitschte Stimmung außerdem seltsam deplaziert. th

  Kritik aus den

Es ist ein von der Werbung ausgestreutes Gerücht, daß Softdrinks Flügel verleihen. Zuständig dafür sind immer noch die himmlischen Mächte, und so wandeln dann auch Engel unter den Schwachen, Notleidenden und Lebensuntüchtigen dieser Erde und führen zusammen, was zusammengehört.

Gefiederte Paradiesboten haben im amerikanischen Komödienkino Tradition; noch nie jedoch sah man einen derartig himmlischen Proleten wie in „Michael“ auf der Leinwand. Michael säuft Dosenbier, hat Eßmanieren wie ein Schwein, prügelt sich und kratzt sich ungeniert dort, wo ein Gentleman in Gesellschaft niemals hinfaßt. Der (pummelig gewordene) John Travolta spielt die auf die Erde entsandte Lichtgestalt, die in Anwesenheit von Frauen ein aufreizendes Aroma verströmt. Ein Duft, der Frauen provoziert: Auf der Tanzfläche oder im Countryschuppen erliegen die Damen reihenweise seinem Prolocharme.

Doch Michael, der seine Flügel notdürftig unter einem Mantel versteckt, hat in der Komödie von Nora Ephron, bekannt durch „Schlaflos in Seattle“, zu allererst einen Auftrag zu erfüllen. Zwei Menschen sollen ihre Antipathie überwinden und mit seiner Hilfe endlich die Liebe entdecken. Das Paar in spe besteht aus zwei Journalisten eines Yellow-Press-Blättchens, dessen Chef hinter der Geschichte vom gestrandeten Erzengel die ultimative Schlagzeilen-Story wittert. Da es während des Roadmovies jedoch nicht nur die bezaubernde Dorothy (Andie MacDowell), sondern auch einen egoistischen Kotzbrocken wie ihren Kollegen Frank (William Hurt) zu verkuppeln gibt, ist dies selbst für einen trickreichen Vermittler wie Michael eine schwere Aufgabe.

Erstaunlich an diesem leichten, von aller Erdenschwere befreiten Kitschplot ist, wie schnell einen Dialogwitz und treffsichere Pointen in ihren Bann ziehen und man deshalb mühelos die unbekümmerte Naivität der Fabel akzeptieren kann. Sind wir ehrlich: Wer wünscht sich, wenn alles grau, eng und perspektivlos ist, nicht zuweilen einen geflügelten Helfer. Es muß ja nicht unbedingt John Travolta sein. mime

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