F. Garys Milieustudie "Set it off"
Schwarze Frauen
und viel Blut

Kritik aus der

Es fließt viel Blut, aber F. Gary Gray vergießt diese Tropfen in seinem Film „Set It Off“ nicht vergeblich. Der junge schwarze Filmemacher zeigt die Gewalt nicht aus ästhetischen Gründen oder Effekthascherei, sondern weil er eine Geschichte erzählen will, und zwar eine tragische und dennoch eine glaubhaft gelungene. Die Rechnung des Regisseurs geht auf: Beim packenden Showdown werden drei der vier Protagonistinnen mehr oder weniger versehentlich erschossen, und der Zuschauer zittert mit – nicht wegen dieser hochdramatischen Fluchtszene, sondern weil die vier Frauen mit ihren Geschichten nahegehen, weil „Set It Off“ bewegt und vor allem das traurige Ende berührt. Und das liegt an der Konstruktion der Figuren und ihrer Einzelschicksale.

F. Gary Gray beginnt „Set It Off“ als Milieustudie deshalb, weil seine Geschichte in einem armen, schwarzen Vorstadtghetto von Los Angeles spielt, dort, wo sich der soziale Sprengstoff auch in der Realität immer wieder in Rassenunruhen ein Ventil verschafft. Die äußere Rahmenhandlung steht also ganz in der Tradition des Black Cinema. Gray verschärft diese Thematik noch, indem er in das Zentrum vier schwarze Frauen stellt mit zusätzlichen frauenspezifischen Problemen: Stoneys (Jada Pinkett) Bruder wird versehentlich von der Polizei erschossen, Tisean (Kimberly Elise) muß ihren Sohn der Fürsorge überlassen und Frankie (Vivica A. Fox) verliert ihren Job. Der letzte Ausweg aus dieser Hoffnungslosigkeit ist deshalb „aus der Stadt raus zu kommen“, wie es an einer Stelle heißt.

Und so werden die drei Frauen eher hilflos und unfreiwillig unter ihrer lesbischen Anführerin (die matronenhafte Rapperin Queen Latifah als Cleo) zu Bankräuberinnen mit schwarzen Perücken und Maschinengewehren. Somit erweitert der Regisseur seinen Film zum spannenden Actionthriller mit den üblichen Verfolgungsjagden und blutigem Kugelhagel und einem kleinen Unterschied zu dem männlich dominierten Genre: „Set It Off“ geht nicht nur an die Nieren, sondern auch ans Herz. sc

  Kritik aus den

Da sitzt Stony nun über einem Haufen von Dollarscheinen und heult Rotz und Wasser. Hätte ein Mann sich auch so aufgeführt? Es geht schließlich um blutigen Bankraub, die Komplizinnen sind tot, die Polizei abgeschüttelt, ein Leben ohne Geldnot lockt. Und siehe da, im letzten Bild kurvt eine erholte Heldin im roten Jeep über dem Meer, die schwarzen Zöpfchen abgeschnitten und im neuen Outfit bereit für sorglosere Zeiten.

Jedes Genreklischee hat der junge Filmemacher F. Gary Gray genutzt, um unter umgekehrten Vorzeichen eine etwas andere Bonnie & Clyde-Ballade zu inszenieren. Vier schwarze Spice Girls aus dem Ghetto von Los Angeles motivieren sich für die Vermögensumverteilung mit allen Mitteln der Gewalt. Erst ist es nur das Geld, dann die mögliche Freiheit, dann die Eskalation des Verbrechens bis zum Mord.

Aus dem Musterbuch der Soziologen hat sich der Regisseur die Gebrauchsanweisung für seinen Vorstadt-Thriller geholt. Die Mädels haben erst mal ehrenwerte Gründe, ihren Anteil am Besitz der anderen mit vorgehaltener Knarre zu beanspruchen. Frankie wurde an die Luft gesetzt, Cleo und Tisean verdienen beim Putzen das Existenzminimum, Stony will ihren Bruder auf die Uni schicken. Nichts klappt, aber Rache, so denken die vier, ist immer süß.

Punkt für Punkt wird das gesellschaftliche Defizit abgehakt, damit ein Quartett aus Sympathieträgerinnen ein Publikum einnimmt, das sich diese Art von Emanzipation gut ausmalen kann. Am Anfang wird Schießen geübt, da sind die Freundinnen noch nicht so weit wie die Kerle, von denen sie sich angeschmiert fühlen. Der Korrektheit halber mischen Skrupel mit, auch Menschen, die das Desaster vielleicht noch stoppen könnten.

So versucht dieses junge schwarze Kino Amerikas, zwischen vielen Ansprüchen zu jonglieren. Action, Krimi, Frauenpower, besonders repräsentiert durch die kraftsprühende Queen Latifah, die bei Autojagden alle Männer alt aussehen läßt. Die avancierten Schwarzen aus Harvard kommen ebenso vor wie die besonnenen Weißen, die den Girls wenigstens das Leben retten wollen. Die Kugeln zischen, das Blut spritzt, die Toten liegen auf der Straße: Und im Kino sitzen Dreizehnjährige, die vor dieser Mischung aus Comedy & Crime doch noch erschrecken. I.R.

Zur offiziellen Homepage von Set it off (engl.)

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