Schön ist die Jugend - von
wegen! Todd Solondz´ Film "Willkommen im Tollhaus" Schön ist die Jugendzeit? Von wegen. Was schon in Bo Widerbergs gleichnamigem Film, der zumindest bei den Bildern nicht auf nostalgischen Schimmer verzichten wollte, als ironischer Titel gemeint war, gerät in einem Film des jungen amerikanischen Regisseurs Todd Solondz zur durch und durch nüchternen Bestandsaufnahme. Was immer den deutschen Verleih zu dem Titel "Willkommen im Tollhaus" bewogen haben mag - das Original, "Wellcome to the Dollhouse", kennzeichnet wesentlich genauer, worum es Solondz bei seinem Film ging, der auf den Festivals in Berlin und München zum Publikumshit wurde: Das Puppenhaus als gültiges Sinnbild für unbeschwerte Kinderspiele wird als äußerst unwirtlicher Ort entlarvt, an dem nach einer stets gleich funktionierendem Machtgefüge Demütigungen ausgeteilt und eingesteckt werden. Dawn (von der elfjährigen Heather Matarazzo in allen Seelenlagen mit enormer Präzision gespielt) ist in jenem undankbaren Alter, in dem jede Geste ungeschickt, jeder Satz unbeholfen ist und die meisten Gefühle ohne Echo bleiben. Eine dicke Brille, eine etwas plumpe Figur und ein fataler Hang zu grell-geschmackloser Kleidung machen sie zum leichten Opfer für das aggressive Potential ihrer Mitschüler. Eine künstlerische Fluchtmöglichkeit ist auch nicht in Sicht; Dawns Klavierspiel könnte auch Zuhörer, die empfänglichersind als der von Dawn angehimmelte, emotional schlicht gestrickte Steve, nicht begeistern. Die zerstreuten Eltern haben nur Augen für den Computer-Eifer des ehrgeizigen Sohnes und die mit penetranter Anmut vorgeführten Ballett-Übungen von Nesthäkchen Missy. Daraus nun macht Solondz keine empfindsame Studie über Hackordnung und frühes Leid, kein düsteres Psychodrama und zeichnet auch kein obsessiv um drastische Realität bemühtes Schockporträt einer Generation. Denkbar unspektakulär zeigt er Dawns Spießrutenlaufen un wie sie zwischendurch kleine Siege verbucht, wie sie, ungeliebt und unverstanden, sich doch nie einen Schritt von sich selbst entfernt und wohl gerade dadurch , unmerklich fast, den Zuschauer erobert. Tamara Dotterweich |