Kevin Allens schräges Spielfilmdebüt
„Twin-Town“
Walisische Wutorgie

Kritik aus der

„Ambition is dangerous“ (Ergeiz ist gefährlich“) steht als Inschrift im grauen Pflasterboden des walisischen Städtchens Swansea. Das Drei-Wort-Gedicht des Lyrikers Dylan Thomas ist wohl nirgendwo passender zitiert worden, als in der Anfangssequenz von Kevin Allens Kinodebüt „Twin Town“. Der Jungregisseur wandelt mit seiner White-trash-Story auf den Spuren des Kultfilms des britischen Undergrounds „Trainspotting“ und scheitert am eigenen Anspruch, ein dicht inszeniertes, authentisches und pfiffiges Subkultur-Porträt der englischen Nach-Thatcher-Ärä zu zeichnen. Statt glaubhafter Charaktere und einer genau recherchierten Geschichte liefert Allen vor allem Klischees aus dem Sumpf der Pop-Kultur.

Im Zentrum des schrägen Szenewerks stehen zwei Brüder der Underdog-Familie Lewis (Llyr Evans und Rhys Ifans), die mit geklauten Autos durch Swansea toben, bis zum Umfallen kiffen und keinen noch so ordinären „Spaß“ auslassen. Auf der Gegenseite stehen zwei korrupte Polizisten (Dougray Scott und Dorien Thomas), die das Gesetz in ihre schmutzigen Hände genommen haben und dem Lokalmafioso Bryn Cartwright (William Thomas) zu Diensten sind. Als Vater-Lewis bei der Schwarzarbeit für den verbrecherischen Baulöwen Cartwright schwer verletzt wird, laufen seine Söhne Amok. Was als rohe Sozialfarce so temporeich beginnt, gerät nun zur angestrengt wüsten Gewaltorgie gegen die bessere Gesellschaft. Je greller und drastischer sich die Dinge nun entwickeln, desto weniger überzeugend wird die Geschichte. Wo der Junkie-Streifen „Trainspotting“ ein echtes Interesse für seine Protagonisten erzeugen konnte, bleibt „Twin-Town“ an der Oberfläche. Die wie Autisten agierenden Brüder treiben vordergründig das Geschehen voran, erscheinen selber aber völlig leblos, erlauben keinerlei Einblick in ihr kaputtes Inneres .

  Kritik aus den

Bei ihren Nachbarn gelten die Waliser seit jeher als versoffen, streitsüchtig und unterbelichtet. Zwei berühmte Söhne des Landes, Dylan Thomas und Richard Burton, haben das Ihre geleistet, um die ersten beiden Nationalcharakteristika weltweit bekannt zu machen.

Kevin Allen, bislang Schauspieler und Dokumentarfilmer, wie Thomas ein Sohn Swanseas, sorgt nun als Regisseur mit seinem Spielfilmdebüt „Twin Town“ dafür, daß auch in der Ära klebstoffbenebelter Punks und ihrer natürlichen Feinde, der Goldkettchen-Vandalen, die dritte Eigenschaft von Prinz Charles' Untertanen nicht in Vergessenheit gerät.

Bei ihm ist Swansea, die „Pretty Shitty City“, die ja nun wirklich nichts dafür kann, ausschließlich bevölkert von Dumpfbacken. Die titelgebenden Zwillinge (Llyr Evans und Rhys Ifans) brettern mit dem Charme von Beavis und Butthead in geklauten Autos durch ihre Pattex-Welt und ärgern die Goldkettchen-Mafia, bestehend aus zwei korrupten Bullen und einem Großkotz, der es als Koksdealer zum Oberhaupt der Nullen gebracht hat. Alle Welt arbeitet für ihn, auch der fette alte Herr der Zwillinge, der bei seiner halbherzigen Schwarzarbeit prompt vom Dach fällt. Krankengeld is nich, deshalb dürfen seine bösen Buben richtig schön ausrasten.

Wer Ironie, Witz, schwarzen Humor und dergleichen von dieser Laientruppe auf den Spuren von „Trainspotting“ (die Macher kennen sich aus dem Drehbuchseminar) erwartet, ist nicht bei Trost. Kevin Allen filmt den Holzhammer-Spaß für Leute, denen schon ein gut gemachter Gag als politisch zu korrekt erscheint. Daß Allens Kamikaze-Zwillinge ausgerechnet noch eine weinerliche Klassenkampf-Attitüde pflegen, mag verstehen, wer will. wu

Informationen zu Anfangszeiten in den Kinos

zurück zur Titelseite

© NORDBAYERN INFONET