Kain und Abel heute |
Kritik aus der
Nach sechs Jahren wird Joey (Tim Roth) aus dem Gefängnis entlassen. Sein Weg führt ihn direkt nach Hause zu seinem älteren Bruder Tommy (James Russo). Der hat sich mit der schroffen Schönheit Lorrain (Deborah Unger) eingelassen. In der Bruchbude wird es den dreien bald zu eng. Viele Fragen stellen sich: Wo soll Joey wohnen, wo Arbeit finden? Welch dunkle Geschäfte betreibt Tommy? Warum erzählt Lorrain nichts von ihrer Arbeit? Und was hatte Joey eigentlich verbrochen? Vieles klärt sich bald, doch die letzte Frage bleibt ein Geheimnis unter Brüdern. Unter Brüdern, über weite Strecken ein Kammerspiel für drei Personen, ist mehreres in einem: hartgesottene Gangsterballade und Vergangenheitsbewältigung, Kumpelfilm und Dreiecksgeschichte. Dennoch verzahnen sich die verschiedenen Ebenen zu einer in sich schlüssigen, homogenen Geschichte. Dabei trifft der Originaltitel für Buddy Giovinazzos zweite Regiearbeit, No way home (Kein Weg nach Hause) den Kern des Films noch besser als sein deutscher Titel. Joey bleibt ein Fremder nicht nur im eigenen Elternhaus und Bekanntenkreis, sondern letztlich ein Rätsel für sich selbst. Gespräche mit ehemaligen Freundinnen versickern bereits im Ansatz; die herzige Kumpanei mit seinem Bruder gerät immer eine Spur zu demonstrativ; lediglich die zögerliche Annäherung an Lorrain legt behutsam die rauhen Schalen beider ab was darunter zum Vorschein kommt, ist die Tragödie zweier Menschen, die sich (im eigentlichen Sinn des Wortes) um ihr Leben gebracht haben. Die sorgfältig berechnete innere Dramatik der Geschichte ist neben Giovinazzos Drehbuch und Regie vor allem das Verdienst dreier ausgezeichneter Darsteller. Tim Roth spielt den Joey, wie einen, der den Gefängnishof nie verlassen hat: Auf alles gefaßt, ständig lauschend und witternd, als könnte jeden Moment Schreckliches passieren. Für den Zuschauer braut sich sich eineinhalb Stunden lang ein Gewitter zusammen, das sich am Ende in einem Blutregen entläd. Reika |
Kritik aus den Joey ist das, was man gemeinhin als Opferlamm bezeichnet: Er saß sechs Jahre im Knast, wegen eines Mordes, den nicht er, sondern sein Bruder Tommy begangen hat. Richtig sauer ist er nicht, auch nicht, als Tommy ihn in einem Kellerloch des Elternhauses einquartiert, wo er mit seiner Frau Lorrain haust. Als Joey die Lügen erfährt, die Tommy seiner Frau über den Mord erzählt hat, sagt er nur dumpf: Wenn er das gesagt hat, dann war's auch so. So weit kann Bruderliebe gehen. Autor und Regisseur Buddy Giovinazzo hat sich ein spannendes Thema für seinen zweiten Spielfilm Unter Brüdern gesucht. Es fließt viel Blut, denn Tommy (James Russo) ist ein großmäuliger, grobschlächtiger Haudrauf, der nicht clever genug ist, um in dem harten Überlebenskampf im schmuddeligen Staten Island zu bestehen. Doch das eigentlich interessante ist die Psychologie in diesem Film: Die Zermürbung, mit der die attraktive Lorrain ihre verpfuschte Ehe erträgt, der tägliche Kleinkrieg in der Küche und Tommys Selbstbetrug. Joey (Tim Roth) ist ein bißchen langsam da oben seit einem Unfall in der Kindheit, bei dem er auf den Kopf gefallen war. Aber er durchschaut die Dinge besser als sein muskelspielender Bruder. Von sich spricht er meistens in der Vergangenheit. Er hat Denise geliebt, die nicht wie versprochen auf ihn gewartet hat, er hat gut gezeichnet. Jetzt kann er scheinbar beides nicht mehr. Statt dessen putzt er für fünf Dollar Schaufensterscheiben und erträgt auch noch den Hohn seines Bruders. Buddy Giovinazzo wollte einen realistischen Film drehen. Das gelingt ihm durch die abgeblätterte Kulisse von Staten Island schon nahezu. Auch die zaghafte Vertrautheit, die sich allmählich zwischen Joey und Lorrain entwickelt, läßt mehr erhoffen. Beklemmend, wie Joey mit innerer Abscheu Lorrain beim bestellten Stiptanz auf einer Mittelständler-Party zusieht. Doch der moralische Aufruf zum Glauben an die Gerechtigkeit kommt in amerikanisch-großen Portionen. Der bemitleidenswerte Joey macht immerhin eine Entwicklung durch: Als sein Bruder endgültig in Gewaltausbrüche ausrastet, legt er die Rolle des Prügelknaben endlich ab und will nicht auch noch die Schuld am zweiten Mord tragen. Lorrain entschließt sich schließlich zur Revolte gegen ihren Mann, aber auch das ist absehbar. Vielleicht liegt es auch an den nicht gerade überragenden Schauspielern, daß ein schaler Beigeschmack bleibt. Aus dem guten Stoff wäre mehr zu
machen gewesen: Die Kain-und-Abel-Geschichte bleibt aber
merkwürdig blaß. erl |
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