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Nie am Ende der Gewalt
Curtis Hansons bestechender Thriller
„L.A. Confidential“
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Kritik der Nürnberger Zeitung A

Vielleicht war Kim Basinger noch nie eine gute Schauspielerin. Vielleicht wird sie nie eine werden. Egal. Um so größer erscheint das Verdienst eines Regisseurs wie Curtis Hanson. In seinem neuen Film „L. A. Confidential“ gelingt es ihm, Kim Basinger mit einem Glanz zu versehen, den man bislang nicht an ihr kannte. Es ist der Glanz des Zwielichts und zugleich der Glanz eines Hollywoods, das es nicht mehr gibt. Nicht umsonst spielt der Film im Los Angeles der frühen fünfziger Jahre. Nicht umsonst spielt Kim Basinger darin eine Prostituierte, die für ihre reichen Freier als Filmstar posieren muß: so blond und so kühl wie einst Veronica Lake. Und der Zauber springt über. Ganz Schönheit und Geheimnis, wandelt Kim Basinger wie ein zerbrechlicher Engel durch eine Geschichte von Blei und Blut, von Verrat und Verbrechen, und löst Liebe aus: ein Traum, wie ihn nur das Kino träumen kann.

Dagegen sind die drei Männer, um die es in „L. A. Confidential“ hauptsächlich geht, krasse Wirklichkeit. Allesamt sind sie Polizisten. Und könnten doch als Personen nicht unterschiedlicher sein. Bud White (Russell Crowe) ist ein Bulle in jeder Hinsicht: ein Tier von Mann. Wenn er aufgebracht ist, ist er nicht mehr zu bremsen. Da genügt der Gedanke, daß einer Frau Gewalt angetan wird. Und schon explodiert er. Schlägt und schießt für eine Gerechtigkeit, der das Gesetz nur im Weg wäre. Ohne das aber kann einer wie Ed Exley (Guy Pearce) nicht existieren. Kompromißlos in seiner Ehrlichkeit, will der glatte Kopfmensch nur mit sauberen Händen Karriere machen. Inbrünstig wird der Brillenträger dafür von seinen Kollegen verachtet – und gehaßt.

Jack Vincennes (Kevin Spacey) freilich mögen alle: Er ist der Showman, der Prominente gern in indiskreten Situationen erwischt, und sich von der Boulevardpresse als erfolgreicher Fahnder im Blitzlicht feiern läßt. Zu einem Schein sagt er nicht nein.

Wo beginnt die Korruption? Wann setzt das Gewissen ein? Kann einer brutal sein und doch nicht böse? Curtis Hanson hat einen Thriller gedreht, der viel mehr bietet als nur Thrill. Basierend auf einem Roman von James Ellroy, untersucht „L. A. Confidential“ die Komplexität menschlichen Verhaltens anhand eines Krimiplots. Zusam men mit fünf anderen Leuten ist ein Polizist in einem Nachtcafé erschossen worden. Wenig zuvor hat man sehen können, wie rücksichtslos er seinerseits auf harmlose Mexikaner eingeprügelt hat – ein Rassist mit Knüppel. Das ist im Police Department nichts Besonderes, und passenderweise werden als vermeintliche Mörder ein paar junge Schwarze ausgemacht. Daß sie fliehen, gilt schnell als Schuldgeständnis – und Todesurteil. Ed Exley darf sich in seinem ersten Fall als gestandener Mann beweisen und bekommt sogleich eine Medaille. Daß er nur als billiger Vollstrecker und Versatzstück in einem breitangelegten Betrug mißbraucht wird, kann er noch nicht ahnen.

Erst nach und nach bilden sich Zweifel, und die drei Polizisten, die jeder auf seine Weise an der Wahrheit interessiert sind, beginnen mit eigenen Nachforschungen. Daß sich zwei von ihnen zunächst spinnefeind sind und sich dann auch noch ausgerechnet in dieselbe Frau verlieben – Kim Basinger eben –, nutzt der Regisseur nicht nur, um Spannung zu produzieren, sondern auch, um seinen Protagonisten in die Seele zu schauen. Neben den infamen Zusammenhängen eines Falles, der bis auf die höchsten Ebenen führt (weil die größten Verbrecher gewohntermaßen ganz oben sitzen), und der, ähnlich wie Roman Polanskis Klassiker „Chinatown“ (1974), die Stadt Los Angeles als böses Geschwür seziert, steht so immer auch die feinsinnig ausgelotete Ambivalenz der Figuren. Curtis Hanson zeichnet sie in atmosphärisch dichten Szenen, die die hervorragenden Schauspieler, allen voran der Australier Russell Crowe, mit schwitzender Sinnlichkeit und, bei aller Gewalt, mit nuancierten Gefühlen füllen.

Man hüte sich also vor Täuschungen. Wenn hier einer zum Schluß alles erreicht, was er wollte, dann ist das kein wahrer Sieg: Seine Vorsätze wird er alle gebrochen haben, sein Selbstverständnis und den Glauben ans System für immer verloren. Und wenn man, unter uns Zuschauern, denkt, daß aus Hollywood zur Zeit nichts Gescheites kommen könne, dann sehe man sich doch schleunigst diesen Film an: Besseres gab es dieses Jahr im Kino kaum. Und ein bibßchen bestechlich darf man schon sein. Oder? lupus

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Die düsteren, von ebenso illusions- wie hoffnungslosen Charakteren bevölkerten Romane James Ellroys suchen in der Kriminalliteratur ihresgleichen. So faszinierend die ausschweifende Schilderung mörderischer Obsessionen, von Angst, Gewalt und Tod (von Schuld und – zuweilen – Erlösung) in ihrer gnadenlosen, kompromißlosen Direktheit als Lesestoff auch sein mag – an die Verfilmung eines seiner mit einer Vielzahl von Personen und Nebenhandlungen ausgestatteten Werke wagte sich bisher niemand.

Mit „L.A. Confidential“, der komprimierten Adaption von Ellroys „Stadt der Teufel“, kommt jetzt jedoch ein Film zur Aufführung, der sich mühelos mit Genre-Highlights wie Polanskis „Chinatown“ messen kann. Ohne handelsübliche Film-noir-Klischees erzählt Regisseur und Co-Autor Curtis Hanson („Die Hand an der Wiege“) eine verzwickte, sich zunächst in immer neue Sub-Plots verzweigende Geschichte, deren Elemente am Ende aber doch wieder ein verblüffend schlüssiges Ganzes ergeben.

So kompliziert, so ambivalent und so komplex wie das Leben sind Story und Charaktere, deren Widersprüchlichkeit anscheinend etliche Zuschauer der Preview irritierte. Kinoerfahrungen (und nicht die Realität) bestimmen unsere Sichtweisen des Leinwandgeschehens. Die Atmosphäre einer amerikanischen Großstadt zu Beginn der 50er Jahre ist einem aus vielen Filmen vertraut, vom Ablauf der Handlung erwartet man natürlich auch eine Bestätigung festzementierter Sehgewohnheiten.

Die jedoch erfüllen sich nie in diesem Film, denn immer wieder ergeben sich neue Konstellationen und Koalitionen, die dank Hansons lakonischer Inszenierung schon bald das Dilemma der drei Hauptpersonen verdeutlicht: Sie alle sind Marionetten in einem Spiel ohne Regeln und werden – je mehr sie selbst im Hintergrund an den Fäden ziehen – mit drastischer Konsequenz manipuliert.

Augenfällig werden Scheinwelt und Lügen durch eine Agentur für Prostituierte, die Filmstars ähnlich sehen. Eine davon, ein Look-a-like der blonden Veronica Lake (Kim Basinger), wird im Verwirrspiel noch eine wesentliche Rolle spielen.

Drei Cops, drei Lebenseinstellungen: White (Russell Crowe) ist ein unbeherrschter Choleriker, dem psychologische Feinheiten des Polizeiberufes völlig abgehen; sein Widersacher ist der ehrgeizige, von moralischen Prinzipien geleitete Aufsteiger Exley (Guy Pearce), und irgendwo dazwischen rangiert der smarte Vincennes (grandios: Kevin Spacey), der als Story-Lieferant eines Sensationsreporters (Danny DeVito) bereitwillig die Hand aufhält.

Sie alle werden zu unfreiwilligen Akteuren in einer blutigen Affäre, in der es um Geld, Korruption und Machterhalt geht. Viele Menschen müssen (meist unschuldig) sterben, bis die – sich in einer Notpartnerschaft vereinten – Cops häppchenweise der Wahrheit und dem Drahtzieher auf die Schliche kommen. Ein brillant gespieltes, intelligent konstruiertes, kongenial umgesetztes Meisterwerk, und damit einer der überzeugendsten US-Filme der sonst eher flauen 90er. MICHAEL MEIER

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