Gepflegte Neurosen
Eheprobleme en masse:
Der Film „Liebesflüstern“ von Alan Rudolph
Wenn in diesem Film eine Frau schwanger ist, dann bestimmt nicht von ihrem Partner: „Liebesflüstern“ erzählt von zwei Männern und zwei Frauen, deren Unfähigkeit, Probleme miteinander zu lösen und einer ellenlangen Liste von Mißverständnissen. Die Beziehungen stecken in einem Gefühlssumpf, die Libido des Qartetts befindet sich in erheblicher Schieflage: Weitschweifig zeigt Alan Rudolphs Tragikomödie in Egotrips erstarrte Liebesbeziehungen am Rande der Lächerlichkeit.

Der einzige, der in diesem Treibhaus der Neurosen noch halbwegs auf dem Teppich geblieben ist, ist Allround-Handwerker Lucky (Nick Nolte), der Sex als beiläufige Nebenleistung zu seinen Reparaturaufträgen ansieht. Zuhause nämlich herrscht der große Frust – seine Frau Phyllis (Julie Christie), eine ehemalige Filmschauspielerin, hockt nur vor der Glotze und kämpft die traumatischen Folgen einer lange zurückliegenden Affäre mit harten Drinks nieder. Der Zuschauer erfährt, daß Lucky nicht der Vater ihrer Tochter ist.

Jünger, aber keineswegs glücklicher ist das andere Paar, das ihren Weg kreuzt. Jeffrey (Jonny Miller), ein ichbezogener Yuppie, wie er im Notobook steht, interessiert sich nicht die Bohne für die Reize seiner Angetrauten. Während er zynisch seine Eiseskälte kultiviert, langweilt sich Gattin Marianne (Lara Flynn Boyle) in der ultramodernen Riesenwohnung, fällt immer mal wieder in hysterische Zustände und träumt ständig vom familiärer Harmonie und einem Kind. Das wird sie letztlich auch bekommen, aber selbstverständlich ohne Jeffreys Zutun.

Lucky und Marianne beginnen aus ihrer Not heraus ein Verhältnis, aber auch Jeffrey und Phyllis finden zufällig zueinander, als Komplizen, für die Sex bei weitem nicht so wichtig ist wie die offenkundige Seelenverwandtschaft. Die Überkreuzkonstellation rüttelt die Beteiligten aus und eröffnet – erstmals seit langem – Möglichkeiten der Kommunikation. Wie es weitergehen wird, bleibt offen.

Außenseiter-Regisseur Rudolph („The Moderns“) quält den Zuschauer mit dem emotionalen Chaos im Leben seiner Figuren und preßt dabei die an sich banale Geschichte aus wie eine Zitrone. Es ist anzunehmen, daß vielen Ehegeschädigten und Beziehungskrüppeln das Lachen im Hals steckenbleiben wird. Das aber liegt nicht nur an den Aha-Effekten, sondern leider auch an der tranigen Erzählstruktur.

(Metropolis, Nürnberg)

mime

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