Neues von den Dinos
Jurrassic Park, Teil zwei: „Lost World“

Kritik aus der

Es ist Hollywood, wie es leibt und lebt: schon in der allerersten Minute sehen wir Product Placement, sprich Schleichwerbung. Für einen Champagner mit Jugendstil-Etikett. Als ob es nicht schon peinlich genug wäre, wie massiv für ein deutsches Auto und für eine japanische Kamera geworben wird. Jubeln kann Wolfram Weber: die Stühle, die in der ersten Szene am Strand stehen, sind vom selben Typ wie die auf der Cinecittà-Terrasse.

Und sonst? Der Film? GANZ GROSSE KLASSE. „Vergessene Welt“ gehört zum Feinsten, was die Unterhaltungsbranche je hervorgebracht hat, der Film ist das Spannendste seit Hitchcock. Freilich, er ist vor allen Dingen ein technisches Meisterwerk. Allerdings wird die Technik nicht zum Selbstzweck, sie wird ironisiert. Alles ist auf Spezialeffekte angelegt, doch werden diese sophisticated serviert.

„Verlorene Welt“ ist eigentlich nicht besser als „Jurassic Park“. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Der erste Film war schlechter. Und zwar deshalb, weil Spielberg den Autor des zugrundeliegenden Buches, Michael Crichton, das Drehbuch schreiben ließ. Und der verschwendete massenhaft Zeit damit, dem Publikum klarzumachen, daß die Wiedergeburt der Saurier nicht aus der Luft gegriffen war, daß diese Idee Hand und Fuß hatte.

In der Tat haben jetzt japanische Wissenschaftler erklärt, sie wollten damit ernst machen und, wenn schon nicht Saurier, dann immerhin den in historischer Zeit ausgestorbenen Riesenvogel Moa wieder zum Leben erwecken, indem sie seine DNS Straußenmüttern unterschöben. Den Durchschnittsjugendlichen mit seinem 800-Wörter-Sprachschatz, der der Rundfunkreporterin ins Mikrophon stottert: „Boah ey, saustark, däi Saurier!“, den interessiert die Wissenschaftlichkeit aber nicht die Bohne.

Er will Riesenviecher sehen, und das satt. Die Viecher sollen gefälligst Menschen fressen. Und all das bekommt er auch, aber er bekommt es von Steven Spielberg in einer Art und Weise, daß sich selbst ein Wim-Wenders-Fan nicht für diesen Filmbesuch zu schämen bräuchte, stünde dem nicht eine gewisse Arroganz entgegen.

Nichtsdestoweniger ist das neue Opus von einer gewissen Schlichtheit im Gemüte geprägt. Leichter faßlich geht's wohl kaum. Die Guten wollen die Saurier auf der „Insel der fünf Tode“ nur studieren, die anderen wollen sie gnadenlos jagen. Teils, um sie aufs Festland zu bringen und dort auszustellen (oh, oh), teils, um die pure Mordlust, äh, den Jagdinstinkt zu stillen. Und beide Seiten haben hervorragende Protagonisten. Jeff Goldblum wirkt zynischer und verbogener denn je, obwohl er doch das Brave und Gute tut, und Pete Postlethwaite, dem sprüht die Marlboro-Männlichkeit nur so aus den Knopflöchern, wenn er den weißen Jäger mit schwarzem Herzen verkörpert, einen Kapitän Ahab, der den Wal zu Lande jagt.

Natürlich erweist sich dieser Wal alias Tyrannosaurus Rex als ein Wesen, das in Wirklichkeit ganz ganz lieb ist, vor allem zu seinem Baby. Aber wehe, man nimmt ihm das weg! Dann gnade Gott San Diego . . . In dieser Sequenz gießt Steven Spielberg (er lief endlich wieder zur Hochform von Indiana Jones auf) Hohn und Spott über seinen Nachahmer Roland Emmerich („Independence Day“).

Wer sich in seinem Kinosessel verkrampfen muß vor lauter Spannung, wer sich vor Überraschung auf die Lippen beißen will, wer den Film gleich noch einmal sehen möchte, wird zustimmen: es ist nur Hollywood, aber man muß es lieben.

Magnus Zawodsky

  Kritik aus den

Die Schlaumeier der Zunft hätten sich solche Szenarien schon ausmalen können. Der Dino versperrt das Schlafzimmerfenster eines gutbürgerlichen Bungalows von San Diego und süffelt das Poolwasser aus. Mami, Papi und Sohnemann sind perplex. Anschließend trabt das Monster mit Brachialgewalt durch die City, zerbröselt Busse und kracht durch Einkaufspassagen. Wehe, wenn die Echsen zum zweiten Mal losgelassen! Dann läuft die Filmmwirtschaft auf Hochtouren, die Fachblätter machen die Milliarden-Dollar-Rechnung auf, erklären dem Publikum, was Merchandising ist, auf daß alle Eltern pünktlich zur Ferienzeit ihren Nachwuchs ins Kino schicken.

Steven Spielberg, der fünfzigjährige Wunderknabe, verkauft sich gern als Träumer. Ohne ihn wäre „Jurassic Park“ aber nie ein Geschäft geworden, in das die Universal-Studios auf Anhieb 65 Millionen Dollar steckten. Mit sämtlichen Finessen der Werbeindustrie wurde vor vier Jahren die Saurier-Manie so lange ausgerufen, bis die Rekordzahlen purzelten und alle satte Gewinne einstrichen. Autor Michael Chrichton sahnte am dicksten ab. Der Mensch, der im Film die gierigsten Ungeheuer auf Jagd schickt, ist aber bekanntlich die begehrlichste Spezies. Eine Dino-Fortsetzung war unausweichlich.

Nun wiederum teilen die Fachblätter mit, daß der erste Saurier in „Vergessene Welt“ bereits nach drei Minuten auftaucht, während man im ersten Teil ganze zwanzig Minuten warten mußte. Fragt sich nur, was der Spannung förderlicher ist. Jedenfalls macht das Entree keiner so leicht nach. Typisch Spielberg, wie reiche Leute ahnunglos am Echsenstrand einen Luxus-Lunch einnehmen und ein neugieriges Kind beinahe von einem hühnchenartigen Reptiliengeschwader verspeist wird. Gut, daß dieser Vorfall den Chaostheoretiker Ian Malcolm in Gestalt des vertrauten Jeff Goldblum auf den Plan ruft.

In der Spielberg-Welt muß es immer erst die Ruhe vor dem Sturm geben. So zieht er als Filmemacher und großer Manipulator seine Zuschauer an. Die Kinder verstehen den halben Dialog nicht und warten auf den computergesteuerten Horror, die Erwachsenen wiederum tun so, als würden sie den Kinderkram nur aus Gefälligkeit mitmachen. Und weil eben das Publikum weltumspannend sämtliche Jahrgänge abdeckt, geht zur Zeit niemand so geistesgegenwärtig mit seinem Material um wie Spielberg.

Ideologisch könnte er einwandfreier nicht sein. Sir Richard Attenborough spielt noch einmal den Dino-Züchter Hammond, der auf einer Insel vor Costa Rica das Paradies auf Erden weiß. Dort haben sich die Riesen-Echsen aller Zerstörung zum Trotz auf freier Wildbahn entfalten können. Nun möchten die Paläontologen (das Wort weiß jetzt jeder Filmkritiker) einmal gucken, wie es um den natürlichen Herdentrieb der reanimierten Fossile bestellt ist. Aber bitte, so Sir Richard, einen Vergnügungspark will er dort nie mehr.

Wie es das Gruselmärchen vorschreibt, stoßen die Braven auf die Durchtriebenen, die mit High-Tech-Gerät die schönste Echse fangen und zur Tierschau nach Kalifornien bringen wollen. Geht nicht! Erneut bricht ein unheimliches Getöse im Urwald los, brüllende Dinos machen selbst die großartig plazierte Mercedes-M-Klasse als hochkarätigen Werbeträger zu Kleinholz. Nur: Jedes Saurier-Superlativ mit immer noch ausgefalleneren Spezialeffekten ersetzt die Story nicht. Die ist läppisch wie eh und je.

Doch konsequent setzt sie dank des Spielmachers Spielberg auf zeitgenössisches Ökologie-Empfinden. Mutter Dino und ihr Baby werden von San Diego auf ihre Insel zurückverfrachtet. Der Kapitalismus siegt nicht (ein Märchen), und Sir Richard predigt im Fernsehen das Artverhalten wie Konrad Lorenz. Bis dahin ist eine Menge Blut geflossen, und vielleicht hat mancher Knirps anschließend in das Bauloch am CineCitta geblinzelt. Hier hätte bequem ein T-Rex Platz.

Inge Rauh

US-Amerikanische Homepage von Lost World

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