Familie auf Leben und Tod |
Kritik aus der
Die Probleme treten hier also geballt auf; aber im Gegensatz zu ähnlichen Filmen driftet Zaks in seinem Regiedebüt nicht in reine Rührseligkeit ab, sein Blick auf seine Figuren verläuft größtenteils kitsch-gefiltert, recht objektiv und trotzdem mit einem klar erkennbaren Verständnis für die kleinen und großen Probleme der Familienbande. Auch die Ernsthaftigkeit des Films wird in amerikanischer Leichtigkeit humorvoll durchbrochen und publikumsverträglich verabreicht. Jeder traurigen Szene folgt eine lustige und die Krankheit Leukämie will der Filmemacher mit einem einfachen Durchhalte-Optimismus bekämpfen. Der Regisseur balanciert also die Pole des menschlichen Gefühlsspektrums so taktisch aus, daß sich am Ende beim Zuschauer jegliche Emotion einfach neutralisiert und im Nichts auflöst. Und das ist natürlich für einen so gut gemeinten und mit einer derartig erstklassigen Besetzung aufwartenden Film doppelt schade. An den Schauspielern liegt diese Un-Ergriffenheit zumindest nicht: Diane Keaton überzeugt als hausbackene, jungfernhafte Tochter, die ihren bettlägerigen Vater Marvin (Hume Cronyn) seit 20 Jahren pflegt und schließlich selbst an Leukämie erkrankt. Als Knochenmarkspender kommen nur ihre verhaßte Schwester Lee (Meryl Streep) und deren beiden Söhne (Leonardo DiCaprio und Hal Scardino) in Frage. Kein Wunder, daß sich im Angesicht des Todes Schwester mit Schwester, Tochter mit Vater, Mutter mit Sohn, Tante mit Neffe und so weiter und so fort miteinander versöhnen. sc |
Kritik aus den Ist das Leben eine Seifenoper? Gibt es Unterschiede zwischen Disneyland und der richtigen Welt? Schwierige Fragen, die sich nicht nur dem durchschnittlichen Amerikaner aufdrängen. Eine einfache Antwort versucht Jerry Zaks mit seinem ersten, hochkarätig besetzten Spielfilm: Marvins Töchter (nach dem Theaterstück von Scott McPherson) sind so etwas wie Goldmarie und Pechmarie auf amerikanisch. Zwei Schwestern, zwei Lebensentwürfe: Entsagung und Nächstenliebe hier, Egoismus und Materialismus da. Zur Diskussion gestellt von zwei hervorragenden Schauspielerinnen: Diane Keaton und Meryl Streep. Bessie (Mut zur Häßlichkeit: Diane Keaton als ältliches Fräulein) wird vom Schicksal schwer gebeutelt: Ihr erster Freund ertrinkt, seit zwanzig Jahren pflegt sie den bettlägerigen Vater und erträgt die verrückte Tante, zuguterletzt erkrankt sie auch noch an Leukämie. Soviel Unglück ist in der optimistischen Konsumwelt nicht vorgesehen. Lee (Meryl Streep als gefühlskalte Powerfrau) hat sich frühzeitig von dem familiären Elend abgesetzt, pflegt ihr Ego, hat aber auch ihre Probleme: Als alleinerziehende Mutter leistet sie sich zwar immer wieder Liebhaber, die Spannungen mit ihren beiden Söhnen werden dadurch nicht geringer. Kurz nachdem der sensible, aber schwer erziehbare Hank (Leonardo DiCaprio) das traute Heim abgefackelt hat, kommt der Anruf von der fast vergessenen Schwester: Nur eine Knochenmarkstransplantation könnte Bessies Leben retten. Das Melodram nimmt seinen Lauf und spart dabei Tabu-Themen wie Krankheit und Tod nicht aus. Jerry Zaks Beitrag zur Wertediskussion setzt dabei auf ein bißchen Humor, viel Herz und noch mehr Schmerz. Wofür lohnt es sich zu leben? Der auf den eigenen Vorteil bedachten Lee dämmert es am Ende, daß ihre Schwester ihr Leben vielleicht doch nicht versäumt hat. Und Bessie fühlt sich in ihrer Opferrolle ganz wohl. All You Need Is Love, lautet die Moral dieser Geschichte, die ein bißchen vordergründig für die wahren Werte plädiert. Die Familie muß zusammenhalten, das gilt besonders in Krisenzeiten. Selbstverwirklichung hin, Emanzipation her. Erträglich wird die Moralin-Schmonzette dank der durchwegs starken Leistung der Schauspieler, darunter Robert De Niro in einer Nebenrolle als schrulliger Arzt. Steffen Radlmaier |
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