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Ein Chor erweicht
Japaner-Herzen

Schwarz-Weiß-Klischees im Frauenlager in Asien:
Bruce Beresfords Filmdrama „Paradise Road“

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Kritik der Nürnberger Zeitung A

Singapur, Weihnachten 1941. Im legendären Luxushotel „Raffles“ wird eine feine englische Gesellschaft durch einen Überraschungsangriff der Japaner aus ihrer postkolonialen Herrlichkeit gebomt. Nach Pearl Harbor bedeutet das höchste Alarmstufe. Eiligst verfrachtet die britische Regierung vor allem Frauen und Kinder auf ein Boot Richtung Europa. Doch schon kurz nach dem Ablegen wird das Schiff mit den Flüchtlingen von einem japanischen Luftgeschwader angegriffen und in Brand geschossen. Die wenigen Überlebenden werden in Sumatra an Land gespült, wo sie sich kurze Zeit später in einem japanischen Kriegsgefangenenlager wiederfinden. Für die überwiegend britischen Frauen beginnt nun eine Zeit der Hölle.

Soweit leuchtet die Geschichte ein, die der australische Regisseur („Miss Daisy und ihr Chauffeur“) opulent in Szene gesetzt hat. Nachdem die epischen Bilder der Exposition ausgeblendet sind, könnte sich „Paradise Road“ in ein psychologisches Kammerspiel wandeln, das sich auf drei Frauenfiguren konzentriert, die sich im Internierungslager gegenüber ihren Folterknechten und ihrer Hoffnungslosigkeit zu behaupten haben. Leider liegt dem Regisseur jedoch wenig daran, wirkliches Leiden und Elend zu zeigen. Statt sensibel die Situation des Ausgeliefert-Seins zu zeichnen, ergeht sich der Regisseur würdevoll-distanziert im melodramatischen Humanismus-Kitsch. Die resoluteste unter den Frauen, die Musikerin Adrienne (Glenn Close) schafft es, ihre Mitgefangenen zur Gründung eines Chores zu überreden, der mit seinem engelsgleichen Gesumm die grimmigen Bewacher weichkocht.

Unfreiwillig verkommt in solchen Szenen die menschliche Tragödie zur Parodie. Keine der – bekanntermaßen hervorragenden – Haupt- und Nebendarstellerinnen (neben Glenn Close, Johanna Ter Steege als Nonne oder Frances McDormand als zynische deutsche Philosophin) kann in diesem betulichen und politisch absolut korrekten Szenario wirklich an Profil gewinnen, und kein Dialog erhellt je die Beziehung der Figuren zueinander. Beresford verschenkt die in „Paradise Road“ enthaltenen Konnotationen und Assoziationen an die Gefangenenorchester der Nazi-Konzentrationslager und scheitert mit seinem dramaturgisch dünnen Film an einem wichtigen Thema. -rou-

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Kritik der Nürnberger NachrichtenB Zurück nach oben

Mit seinem bemerkenswerten Indianerfilm „Black Rohe“ löste sich Bruce Beresford von traditionellen Stereotypen, die amerikanische Ureinwohner entweder in blutrünstige Wilde oder – nicht minder verlogen – edle Öko-Fundis unterteilten. Inzwischen sind einige Jahre vergangen und bei Beresford anscheinend differenzierte Betrachtungsweisen weniger gefragt wie die Wiederherstellung klarer, klassischer Feindbilder.

Fündig wurde er in der „Paradise Road“, der Straße ins Paradies. Nach dem Angriff auf Pearl Harbour marschieren die Japaner auch in Singapur ein. Frauen und Kinder aus Europa und Australien werden noch evakuiert, geraten dann aber doch in Gefangenschaft und werden in einem Camp auf Sumatra interniert. Zwei, drei Miesmacherinnen sind zwar auch unter den gepeinigten Frauen, der überwiegende Teil jedoch zeigt den rachsüchtigen Schlitzaugen, was eine humanistisch geprägte Herzensbildung ausmacht. Absehbar und unvermeidlich schleichen sich typische Schwarz-Weiß-Klischees in die dramatische Geschichte ein, wenn Mut, Solidarität und Überlebenswillen auf stumpfsinnigen Fanatismus treffen. Finster blickend drangsaliert das – jederzeit zu einer apokalyptischen Barbarei bereite – Wachpersonal die Gefangenen, deren famose Darstellerinnen (u. a. Frances McDormand und Pauline Collins) tapfer gegen die Typisierung in Gute und Böse anspielen.

Lichtgestalt Nummer eins im Lager ist die ehemalige Violinistin Adrienne Pargiter (weder durch Drohungen noch Folter zu bremsen: Glenn Close), die sehr bald erkennt, daß effektiver (passiver) Widerstand ein Beschäftigungsprogramm benötigt. Orchesterstücke wie Ravels „Bolero“ werden für Chorstimmen umgeschrieben, heimlich geprobt und im genau richtigen Moment mit der – verhärmt, aber selig dreinblickenden – Glenn Close am Taktstock Leidensgefährtinnen und Hirohitos Schergen zu Gehör gebracht. Da können auch die asiatischen Folterknechte nicht anders, öffnen der Musik ihr Herz und sind ergriffen.

Am Schluß geht es wieder mal wie in einem uralten Western zu: Wie die Rothäute haben die Japaner kapiert, daß sie gegen die weiße Überlegenheit keine Chance haben. Der Krieg ist aus, die Überlebenden fallen sich in die Arme, der japanische Kommandant erweist sich als Arschkriecher. Ob beabsichtigt oder nicht, ein schaler – weil rassistischer – Beigeschmack überlagert alle formalen Qualitäten. mime

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