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Todesspiel mit weicher Landung
„The Game“: Michael Douglas in einem Thriller
von David Fincher,
der sich am Schluß um die ganze Wirkung bringt

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Kritik der Nürnberger Zeitung A

Ein Mann steigt in ein Taxi. Die Türen verriegeln sich. Er will wieder aussteigen, doch die Droschke rast durch die Stadt. Plötzlich springt der Fahrer aus dem Wagen. Führerlos schießt das Taxi ins Meer. Der Mann entkommt nur knapp dem Tod. Das Opfer dieses Anschlags ist der Spitzenmanager Nicholas van Orten.

Hollywoodstar Michael Douglas spielt die Rolle dieses kaltherzigen, egomanischen Multimillionärs in David Finchers neuem Film „The Game“. In ein Spiel der besonderen Art hat sich van Orten hineinmanövriert. Sein Bruder überreicht ihm zum Geburtstag einen Gutschein der Firma „Consumer Recreation Services“. Nach einem Eignungstest geht das perfide Treiben mit garantiertem Persönlichkeitsverlust los; ungeahnt nachhaltig greift das Spiel in die Realität seines Lebens ein. Zwischen Abenteuern, Mordanschlägen und der Gewißheit, sich auf niemanden verlassen zu können, gelingt es van Orten dennoch, zu überleben. Alles sieht so aus, als sei er in die Fänge eiskalter Betrüger gera ten. Das Ganze ist aber ein ausgetüfteltes Spiel mit positivem Ende.

Von Anfang an dominiert ein ungeheures Tempo den Film. Fincher beschleunigt die Handlung mittels schneller Schnitte und wild entfesselter Kameraführung. Verwaschene Bilder und eine teilweise psychedelisch anmutende Filmmusik visualisieren das Ausgeliefertsein van Ortens an eine fremde, unheimliche Macht. Wo er auch hingeht, er wird ständig überwacht. Selbst die trügerische Sicherheit, am Schluß die Fäden in der Hand zu haben und die vermeintlichen Verbrecher zur Rechenschaft zur ziehen, sind geschickt geplante Schachzüge des niemals in Erscheinung tretenden Spielleiters.

David Fincher hat ein beklemmendes Verwirrspiel im Bereich des Psychoterrors kreiert. Jede noch so abstrus erscheinende Wendung löst sich als geplante Finte der Macher im Hintergrund auf. Der Streifen segelt stets hart an der Grenze zum Unglaubwürdigen, aber immer wieder reißt Fincher das Ruder herum. Dabei kommt ihm vor allem die präzise Charakterisierung van Ortens zu Gute. Was oberflächlich betrachtet als die uralte Geschichte von der Wandlung eines Saulus zum Paulus daherkommt, entpuppt sich als detailversessenes Psychogramm eines von Karriere und Macht enttäuschten Aufsteigers. Gelangweilt konsumiert van Orten die Annehmlichkeiten des Luxuslebens, ereifert sich im Beruf, weil das Privatleben längst den Bach runter ging.

Ob als rüder Geschäftsmann, von Angst getriebener Ahnungloser oder bei der Wiederentdeckung zwischenmenschlicher Empfindungen, Michael Douglas beherrscht alle Facetten dieser Rolle. Ebenso genial, wenn auch in der Hollywood-Maschinerie zum Nebendarsteller degradiert: Armin Müller-Stahl. Er verkörpert das Opfer von van Ortens Finanztransaktionen. rs

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Kritik der Nürnberger NachrichtenB Zurück nach oben

Tödliche Konsequenzen will sich keiner leisten, der in Amerika Filme macht. Wenn sich also Michael Douglas in der Rolle des schwerreichen Nicholas Van Orton aus einem Wolkenkratzer stürzt, dann kann das nur ein Spiel gewesen sein. Folgerichtig landet er gut abgefedert mitten im Ballsaal eines Grandhotels unter Beifall der Gäste und labt sich anschließend an einem besonders edlen Champagner. War ja alles nicht so gemeint! Sollte als kleine Abreibung dienen für einen Typ, der außer Geld gar nichts mehr sah und die Welt aus einem Luxus-Bunker betrachtete.

Die schlichte therapeutische Grundidee hat eine Menge Aufwand verlangt, dazu zwei Stars und einen jungen Regisseur, der sich im Thriller „Sieben“ mit interessanten Versuchsreihen über das Genremaß hinwegsetzte. Bis David Fincher auf seinen einfältigen Schluß verfällt, der jeden inhaltlichen Anspruch ad absurdum führt, ist „The Game“ ganz auf der Höhe der Zeit. Kalt, rasant, ausgeklügelt und mit einem furiosen Hauptdarsteller, der sich voll auf die Problem-Figur einläßt, die bald nicht mehr weiß, was oben und unten ist.

Douglas, wieder Wall Street-Hai mit Gel in der graumelierten Frisur, gibt persönlich Beispiel vom steilen Aufstieg. Auf den Straßen von San Francisco, wo er früher als kleiner Cop serienmäßig seine Dollars verdiente, befindet er sich jetzt nur noch als Pendler zwischen abgeschirmten Büroetagen und einem feudalen Landsitz. Dort nimmt der Investmentbanker Nicholas Van Orton sein einsames Sandwich-Mahl ein, schaut fern und präpariert sich für den nächsten Deal. Firmensanierer sind schließlich nicht für Wohltätigkeitsveranstaltungen zuständig; telefonische Grüße der Ex-Gattin hören sie aus nötiger Distanz ab.

In der Regie von „Game“ entwickelt sich das vordergründige Desaster logisch aus dem Charakter dieses Karrieristen, der abgeschottet seiner eigenen Wirklichkeit lebt. Bis ihm der jüngere Bruder Conrad (Sean Penn) das Einlaßticket für ein Spiel schenkt, bei dem keiner weiß, wer es lenkt. Das reizt den superklugen Nicholas, weil er glaubt, daß er immer und überall Herr der Lage ist. Zusammen mit David Fincher zeigt Michael Douglas Schritt für Schritt, wie Überheblichkeit die Demontage befördert.

Wer baut den feinen Orton-Palast plötzlich in eine Graffiti-Höhle um? Wer beobachtet ihn aus welchen Kameras und hört welche Handys ab? Ist der Anwalt nur Statist innerhalb einer völlig getürkten Kulisse? Computer können geknackt, Millionen-Konten unsichtbar geplündert werden, alle Sicherheit des Erfolgsmenschen ist dahin. Solange der Regisseur den Zuschauer zusammen mit seinem Helden im ungewissen läßt, wer am längeren Hebel sitzt, läuft ein komisch-kurioser Krimi ab. Nicholas verliert auf der Feuerleiter einen Tausend-Dollar-Schuh, wird seine Kreditkarten los und kann leider nicht mehr auf die Ersatzhemden im Privatjet zurückgreifen.

In dem Moment, da der Film den intelligenten Witz umkehrt, bringt er sich um die Substanz. Plötzlich war alles nur ein kleiner, teurer Familienscherz, damit aus dem hartherzigen Geld-Snob wieder ein moralisch sauberes Mitglied der Gesellschaft wird. Lektion gelernt: Bitte nett sein! Echte Global Players können sich eins lachen. INGE RAUH

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