Konkurrenten wissen sich gegen marktbeherrschende Stellung des Bill-Gates-Imperiums nichts anders zu wehren
US-Justiz soll Microfsoft-Alleingang stoppen
Gekoppelten Verkauf von „Windows 95“ und Internet-Suchprogramm „Explorer“ vorläufig untersagt – Technische Eigendynamik

WASHINGTON – Die Zeitungs-Karikatur zeigt einen stark gealterten Bill Gates auf einer imaginären Pressekonferenz im Jahr 2033. Seine Erklärung vom Podium an die Medienvertreter lautet: „Ja, es stimmt schon daß Microsoft mittlerweile den Markt der Personalcomputer, des Internet-Zugangs, des Fernsehens, Radiohörens und des weltweiten Telefonierens dominiert. Aber es ist eine Unverschämtheit von ihnen zu behaupten, wir würden ein Monopol auf dem Gebiet des Einzelhandels anstreben, nur weil wir unserer Windows 2033-Version einen Supermarkt-Explorer beigefügt haben.“

Der Cartoon, diese Woche erschienen in der renommierten „Washington Post“, trifft haargenau den Kern des Diskussion, die derzeit um die beherrschende Rolle des Fast-Monopolisten geführt wird. Und nicht nur die Konkurrenz macht dabei Microsoft-Gründer Bill Gates zu schaffen, sondern mittlerweile auch die Justiz. Jetzt hat ein US-Richter dem 35fachen Milliardär einen ersten ernsthaften Schuß vor den Bug gesetzt: Microsoft darf vorläufig nicht mehr Computerhersteller dazu verpflichten, die firmeneigene marktbeherrschende Windows 95-Version nur im Paket mit Microsofts Internet-Suchprogramm „Internet Explorer“ zu verkaufen.

Diese Position hatte im Oktober dieses Jahres auch schon das US-Justizministerium vertreten, das 1996 wegen Mißbrauchs einer vorherrschenden Markstellung Ermittlungen gegen den Software-Giganten einleitete und Strafen von täglich einer Million Dollar in Aussicht gestellt hatte.

Der „Internet Explorer“ hat innerhalb eines Jahres seinen Marktanteil von 20 auf 39 Prozent steigern können. Im gleichen Zeitraum sank die Markt-Quote des größten Konkurrenten in diesem Bereich, Netscape, mit dessen „Navigator“ um 16 Prozent. Was zeigt: Trotz der Ermittlungen steuert Gates weiter einen Kurs der aggressiven Markteroberung.

Und deshalb scheint äußert fraglich, ob die langsam agierenden Justizbehörden diese Entwicklung stoppen können. Denn wer einmal den „Explorer“ nutzt, wird ihn gewiß nicht aufgrund eines richterlichen Urteils auf den Software-Müll werfen. Und Gates hält dem entgegen: Er verkaufe Windows 95 und den Explorer eben als Paket, wozu er das Recht habe – wie dies anderen Firmen mit anderen Produkten auch tun.

Gegenüber der Justiz gibt sich Gates, der technischen Eigendynamik seiner Erfindungen natürlich bewußt, derzeit demütig und konziliant: „Alles was Richter sagen, werden wir tun“, erklärte der Chef von weltweit 22 000 Beschäftigten, der 1975 zusammen mit seinem Studienfreund Paul Allen Microsoft gegründet und zu einem der einflußreichsten Unternehmen der Welt gemacht hat.

Die unter der Dominanz Microsofts leidenden Konkurrenten sind sauer. So schimpft der Chef von „Sun Microsystems“: „Die Kunden haben doch mittlerweile aufgrund der Dominanz von Microsoft kaum noch eine andere Wahl,“ so Sun-Chef Scott McNealy. Anwalt Nader fordert deshalb unter anderem gesetzliche Beschränkungen für alle US-Unternehmen, die einen Markanteil von mehr als 50 Prozent haben.

Seit Donnerstagabend sieht es so aus, als ob die Justiz sich mit den Forderungen der Microsoft-Konkurrenz anfreunden könnte. Doch was immer sie letztlich auch entscheiden mag: Die Mannen um Bill Gates haben Fakten geschaffen und sind in den letzten Monaten nahezu uneinholbar vorausgeeilt. Im Mai 1998 soll es eine endgültige Entscheidung geben.

FRIEDEMANN DIEDERICHS

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