Wenn der Budweiser-Frosch im
Internet auf Kinder-Kundenfang geht Von Holger Schmale, dpa Nach Pornohändlern und Sexagenturen haben amerikanische Kinderschutzorganisationen neuen Unrat im Internet entdeckt: Nach ihren Beobachtungen gehen Spirituosenhersteller, Brauereien und Zigarettenindustrie im Computernetzwerk gezielt auf Kundenfang unter Kindern und Jugendlichen. "Sie nutzen die farbigen, interaktiven, gemeinschaftsbildenden Möglichkeiten des Netzes, um Jugendliche auf ihre Produkte aufmerksam zu machen und als Konsumenten an sich zu binden", sagt Kathryn Montgomery, Vorsitzende des unabhängigen US-Zentrums für Medienpädagogik in Washington. "Einige Unternehmen haben ihre Werbeseiten geradezu in elektronische Spielplätze verwandelt." Kostenlose Comics, Spiele und Preisausschreiben dienten einer einzigen Botschaft: "Alkoholtrinken ist sexy und rebellisch, aber harmlos", haben die Autoren einer Studie über die von der Alkohol- und Tabakindustrie im "World Wide Web" des Internets angebotenen Produkte festgestellt. Da tritt zum Beispiel Budbrew J. Budfrog für den US- Brauereiriesen "Bud"-weiser auf, der so vorgestellt wird: "Er fährt ein deutsches Luxusauto und hängt am liebsten am Strand mit einer heißen Puppe, einem kalten Bud und einer Kamasutra-Ausgabe im Originaltext herum." Die noch jüngeren Internetbesucher können sich derweil mit Bud, Weis und Er vergnügen, den lustigen Firmenfröschen der Brauerei. Eine besondere Attraktion bietet die Zigarettenindustrie für eine ganze Generation junger Amerikaner. Sie können erstmals in die bewegte Abenteuerwelt von Camel, Marlboro oder Lucky Strike eintauchen. Als in den USA die Zigarettenwerbung vor 25 Jahren aus Radio, Fernsehen und Kino verbannt wurde, waren sie noch gar nicht geboren. Doch nun transportiert das Internet die in Europa hochentwickelte, auf Festivals preisgekrönte Werbefilmkultur direkt in amerikanische Wohn- und Kinderzimmer, übrigens vor allem mit in Deutschland gestalteten Seiten der Tochteruntenehmen amerikanischer Konzerne. Die amerikanischen Verbraucherorganisationen sind empört. Die Internetwerbung unterläuft die in Jahrzehnten hoch errichteten Schutzwälle und seit der Prohibitionszeit bestehenden, Europäern oft genug merkwürdig erscheinenden Gebräuche im Umgang mit Alkohol und Tabak gleich an vielen Stellen. So wird Bier, Wein und Schnaps in den USA ausschließlich in besonders lizenzierten "liquor shops" verkauft, die kein unter 21jähriger betreten darf. Der Einkauf wird schamhaft in braunen Papiertüten verborgen. Im Internet kann sich nun jeder 15jährige in virtuellen Bars umsehen und sogar einkaufen. Er muß nur "Mindestalter 21" anklicken und die Kreditkartennnummer von Vater oder Schwester eintippen, schon kommt der Schnaps per Post. Zwar haben sich die Spirituosenhersteller verpflichten müssen, auf dem Campus der Universitäten nicht zu werben. Doch nun kommen sie per attraktiver Webseite in jede Studentenbude. Die Zielgruppe ist gewaltig: Im letzten Jahr waren an die fünf Millionen amerikanische Kinder und Jugendliche zwischen zwei und 17 Jahren im Internet unterwegs, um die neun Millionen Studenten nutzen das Netz. Und Präsident Bill Clinton hat den Internetzugang für alle Kids zur Bildungsfrage des 21. Jahrhunderts erklärt. Während die Verbraucherorganisationen nach neuen Schutzvorschriften rufen, ist die Industrie sich keiner Schuld bewußt. "Nur weil Spiele auf den Seiten sind, heißt das doch nicht, daß sie sich besonders an Kinder wenden", sagte eine Sprecherin der Spirituosenhersteller. "Das finden erwachsene Netsurfer genauso attraktiv." |
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