Diktat direkt in den Bildschirm – Programme für Vieldiktierer

Von Martin Trautmann, dpa

Hannover (dpa) – Der moderne Romeo muß längst nicht mehr in die Tasten greifen, will er Julia einen Brief am Computer schreiben: Mit einem Diktierprogramm kann er seinen Text über ein angeschlossenes Mikrofon direkt auf den Bildschirm sprechen. Der Rechner wertet die akkustischen Daten aus und sucht passende Wörter dazu. Die Spracherkennungsprogramme, die in Hannover auf der Computermesse CeBIT präsentiert werden, sind aber eher etwas für Vieldiktierer wie Ärzte und Rechtsanwälte als für Liebespaare.

Auf individuelle Sprechmuster müssen die Programme nicht unbedingt angepaßt werden. Allerdings erhöht die „Einarbeitung“ des Programms auf die jeweilige Stimme die Trefferquote erheblich, die nach Angaben der Hersteller im besten Fall bei bis zu 98 Prozent liegen kann. Auch bei der Korrektur der diktierten Texte lernt die Software dazu.

Daß die Programme bisher nicht fehlerfrei arbeiten, liegt vor allem an der Komplexität der Sprache: Satzmelodien, die beispielsweise eine Frage von einer Aussage unterscheiden, erkennt der Computer nicht. Satzzeichen müssen diktiert werden. Auch die Unterscheidung von „viel“ und „fiel“ oder „mehr“ und „Meer“ bereitet Probleme. Zu Beurteilung eines bestimmten Wortes arbeiten die Programme daher auch mit seiner statistischen Wahrscheinlichkeit innerhalb einer Gruppe.

Auch den Redefluß jedes Menschen steckt nicht jedes Programm weg: Das Einsteigerprogramm Voice Type Simply Speaking von IBM beispielsweise verlangt ein abgehacktes Sprechen, bei dem zwischen jedem Wort eine kurze Pause eingelegt wird. Teuerere Versionen der IBM-Software erlauben natürliche Sprache bei häufig verwendeten Wortfolgen wie zum Beispiel „Mit freundlichen Grüßen“.

Sinnvoll scheint ein Diktierprogramm vor allem für Nutzergruppen mit speziellen Wortschatz. „Unsere Programme sind für Vieldiktierer“, sagt Carola von Enckevort von Philips, einem Pionier in der Sprachforschung. Das niederländische Unternehmen wendet sich mit seinen ausgefeilten Lösungen an Rechtsanwälte und Ärzte. Das leistungsfähigere System kostet im Schnitt rund 7 000 DM.

Angst um ihre Arbeitsplätze müssen Schreibkräfte dennoch nicht haben. Zwar erreichen die Programm mit einer Diktiergeschwindigkeit von 70 bis 100 Wörter pro Minute bereits eine flottes Tempo, doch die Korrektur jedes zehnten Wortes nimmt Zeit in Anspruch.

Wann der Text auf dem Bildschirm erscheint, ist bei den beiden Spracherkennungslösungen unterschiedlich. Wer auf einem Philips- Programm diktiert, sieht den Text erst nach Abschluß des Diktats. Der Rechner arbeitet den Text ab. IBM-Software hingegen schreibt den Text kontinuierlich mit, auch eine Eingabe während des Diktats ist möglich. Das IBM-Einsteigerprogramm für rund 200 DM arbeitet mit einem Basisvokabular von rund 30 000 Worten und kann um etwa dieselbe Anzahl Worte erweitert werden.

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